Rede · Lars Harms · 23.01.2020 Bürokratie und Misstrauen schafft Frust in den Tierheimen

Ich appelliere an den Minister, die Vergabe von Zuwendungen schleunigst zu vereinfachen und sicherzustellen, dass die Mittel, die der Landtag dieses Jahr zur Verfügung gestellt hat, auch vollständig an die Tierheime auszuzahlen.

Lars Harms zu TOP 19 - Tierheimen effizient helfen (Drs. 19/1916)

Die Tierheime in Schleswig-Holstein leisten hervorragende Arbeit. Profis und Ehrenamtliche unterstützen und vermitteln Haustiere, die ohne Hilfe nicht überleben können. Sie organisieren tierärztliche Behandlung und beraten Tierbesitzer bei der Pflege und tiergerechten Unterbringung. Diese Aufgaben sollte die Politik unterstützen, indem sie die richtigen Rahmenbedingungen setzt. 
Aber genau das passiert eben nicht, wie die Anfragen und Initiativen des SSW in den letzten Jahren immer wieder bewiesen haben. Weil das so ist, beläuft sich der Investitionsstau der Tierheime mittlerweile auf schätzungsweise 2 Mio. Euro. Die Tierheime kämpfen mit struktureller Unterfinanzierung, chronischem Platzmangel und vielen Vorschriften. 
Verkehrt ist es dabei, wenn Vorschriften das Ehrenamt behindern und ausbremsen. Genau das tut die Zuwendungsrichtlinie, die ja eigentlich – hier zitiere ich: „zur Unterstützung der Leistungen des ehrenamtlichen Tierschutzes“ dienen soll. Nur rund 7.300 Euro wurden 2019 an Tierheime für investive Maßnahmen ausgezahlt. 450.000 Euro hätten es sein sollen. Wenn 98,4% der Mittel nicht abfließen, haben wir es nicht mit einem Einzelfall zu tun, sondern mit der systematischen Aushöhlung des politischen Willens. Der politische Wille hier im Landtag ist die Förderung des ehrenamtlichen Tierschutzes, der in Vereinen und Tierheimen den Tieren zu Gute kommt. Die Landesregierung soll das Engagement der ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer durch direkte Förderung unterstützen.  So wünscht und fordert es der Landtag! Sie tut es aber nicht, wie zahlreiche Berichte über Tierheime zeigen, die direkt nach der Kleinen Anfrage des SSW in den Zeitungen nachzulesen waren. Denn auch bei Betriebskostenzuschüssen für Tierheime und Betreuungsstationen sieht es nicht viel besser aus. Die Tierheime fühlen sich im Stich gelassen und von einem willkürlichen Verfahren gepiesackt. 
Dabei wurde das Verfahren bereits verbessert, indem unter anderem die Zuwendungsgrenze auf Projekte verdoppelt wurde auf ein Volumen von 50.000 Euro.  In den im Internet abrufbaren Informationen des Ministers ist nachzulesen: „Mit diesen Änderungen erhofft sich das MELUND nicht nur die Vereinfachung im Verfahren an sich, sondern auch eine erhöhte Akzeptanz bei den Tierheimen bzw. tierheimähnlichen Einrichtungen.“
In der Praxis scheitern die Anträge der Tierheime auf Zuwendungen an der 10.000 Euro-Grenze. Denn Aufträge über dieser Summe erfordern weiterhin drei Angebote.  Wer selber Bauherr ist, weiß, dass das Einholen eines verlässlichen Angebotes eines Bauhandwerkers in diesen Boom-Zeiten schon schwierig genug ist. Aber das Verfahren verlangt noch mehr von den Tierheimen:  Die ehrenamtlichen Vorstände im Tierheim sind gezwungen, die ehrenamtlichen Gemeindevertretungen in der Nachbarschaft um Zuschüsse zu bitten, weil Mittel Dritter der Vorrang gewährt werden soll. Auf diese Weise kommen haufenweise ehrenamtliche Stunden zusammen, die mit Papierkram verbracht werden müssen und damit verbrannt werden. Ich kann es durchaus nachvollziehen, wenn die Tierheimvorstände das als Schikane kritisieren. 
Warum müssen die Antragsteller darüber hinaus auf dem entsprechenden Antragsformular angeben, welche Zuwendungen das Land Schleswig-Holstein bereits bewilligt hat? Ist das dem Ministerium nicht bekannt? Liegt keine elektronische Akte vor, die dem zuständigen Bearbeiter bzw. der Bearbeiterin einen lückenlosen Nachvollzug aller Maßnahmen und Zuwendungen an das das beantragende Tierheim erlaubt? Man kann nur den Kopf schütteln über dieses Antragsverfahren.
Das Ehrenamt wird von der Landesregierung mit Medaillen geehrt, in Sonntagsreden und Flyern gelobt, aber in der täglichen Arbeit begegnen den ehrenamtlichen Tierschützerinnen und Tierschützern vor allem eines: nämlich Misstrauen seitens des Zuschussgebers. Das schafft Frust und schreckt Menschen vom Ehrenamt ab. 
Es geht auch einfacher: Ein Angebot für die zu erbringende Leistung muss ausreichend sein. Es muss darauf verzichtet werden, dass eine gemeindliche Co-Finanzierung eingefordert wird. Und es muss eine 100%ige Förderung der Baumaßnahmen geben. So einfach ist das! Und bei den Betriebskostenförderungen kann man ähnlich verfahren.
Darum appelliere ich an den Minister, die Vergabe von Zuwendungen schleunigst zu vereinfachen und sicherzustellen, dass die Mittel, die der Landtag dieses Jahr zur Verfügung gestellt hat, auch vollständig an die Tierheime auszuzahlen. Alles andere wäre nicht im Sinne des Tierschutzes.

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