Rede · 27.09.2013 Bürokratieaufwand halbieren

Seit Jahren wird allgemein darüber geklagt, dass unser Gesellschaftssystem und insbesondere die Wirtschaft mit zu viel Bürokratie überfrachtet sind. Daher ist die Debatte, die wir heute führen nicht neu – aber nicht weniger out.
Seit Jahren wird der Abbau von Bürokratie von der Politik immer wieder in Angriff genommen. Doch wir wissen leider auch, dass dies nicht sehr einfach ist. Das liegt natürlich auch daran, dass wir in einer sehr komplexen Gesellschaft leben, wo man oft nur mit differenzierten Lösungen für Problemstellungen weiter kommt. Aber nichts desto trotz ist es richtig, sich das Problem immer wieder vor Augen zu führen und zu beziffern.

Aus diesem Grund wurde 2006 von der damaligen Bundesregierung der Nationale Normenkontrollrat (NKR) eingerichtet. Zur Aufgabe des NRK gehört die Überprüfung der entstehenden Kosten jedes Gesetzes, jeder Rechtsverordnung und jeder Verwaltungsvorschrift für die Bürgerinnen und Bürger, für die Wirtschaft sowie für die Verwaltung. Die Bundesregierung hat sich seinerzeit das Ziel gesetzt, die Bürokratiekosten um 25 % zu senken. Zu dem Zeitpunkt beliefen sich die Kosten für die Wirtschaft auf 49 Mrd. Euro. Bis Ende 2011 wurde eine Entlastung von rund 11 Mrd. Euro erzielt. Mit der Abschaffung der Praxisgebühr und der Verabschiedung des E-Government-Gesetzes wird nunmehr davon ausgegangen, dass das Gesamtziel erreicht wird.
Mit der Erweiterung der Erfassungsmöglichkeiten werden seit 2011 die gesamten Folgekosten ermittelt. Der sogenannte Erfüllungsaufwand stellt das gesamte Kostenspektrum dar - neben den Bürokratiekosten werden auch der gesamte messbare Zeitaufwand und die dadurch anfallenden Kosten ermittelt.
Dem Bericht des NKR zufolge ist seit 2011 im Bereich des Erfüllungsaufwandes eine Entlastung bei der Wirtschaft von rund 100 Mio. Euro, bei den Bürgerinnen und Bürgern eine Entlastung von 8,5 Mio. Stunden Zeitaufwand und 19 Mio. Euro für Sachaufwand festzustellen. Jedoch bei der Verwaltung wird ein zusätzlicher Erfüllungsaufwand von 200 Mio. Euro bilanziert.

Ausdrücklich begrüßt wird vom NKR, dass die Bundesregierung alle Bundesgesetzlichen Regelungen ab 1 Mio. Euro Erfüllungsaufwand systematisch nach einem Zeitraum von drei bis fünf Jahren einer Evaluierung unterzieht. Eine solche Evaluierung hat es in Deutschland bisher nicht gegeben.
Angesichts der Tatsache, dass mehr als die Hälfte der verursachten Kostenfolgen auf rechtliche Vorgaben der EU zurückzuführen sind, halte ich eine vergleichbare Evaluierungspflicht dort für angebracht. Ende des Jahres 2012 verzeichnete die EU einen Bestand vom 9.576 Verordnungen und 1.989 Richtlinien. So wurden allein im letzten Jahr 1.250 EU-Verordnungen und 50 Richtlinien auf den Weg gebracht. Angesichts der Größenstrukturen unserer Unternehmen, ist es gerade im Interesse der Schleswig-Holsteinischen Wirtschaft, dass kein weiterer zusätzlicher Aufwand bei der Umsetzung von Rechtsvorschriften für KMU entsteht. Das gilt auch, wenn es um europäische Förderprogramme geht. Es wird immer wieder deutlich, dass gerade die KMU, im Vergleich zu Großunternehmen, Schwierigkeiten haben, daran teilzunehmen, weil der bürokratische Aufwand einfach zu groß ist. Auch wenn die I-Bank kompetenter und zentraler Ansprechpartner für Fragen bezüglich der Finanzierungs- und Fördermöglichkeiten bei uns im Land ist, bleibt die die Forderung nach einem vereinfachten Zugang zu den Fördermitteln.

Ich teile die Auffassung der Landesregierung, dass man nicht in Aktionismus verfallen muss und Erhebungen durchführt, die keine neuen Erkenntnisse bringen. Wenn die Mechanismen und Muster für unangemessenen Bürokratieaufwand bekannt sind, müssen sie behoben werden. Darauf kommt es letztendlich an. Und die Beispiele im Bericht machen deutlich, dass entsprechende Maßnahmen ergriffen wurden und werden, um den Bürokratieaufwand zu minimieren.

Im Zusammenhang mit dem Erfüllungsaufwand im Bereich der Verwaltung, haben wir in Schleswig-Holstein Potential, das noch gehoben werden kann. Wir halten in Schleswig-Holstein noch immer an kleinteiligen Gemeindestrukturen fest, die wir uns nicht leisten können. Ein Land wie Schleswig-Holstein erlaubt sich den Luxus und hält an über 1.000 Gemeinden unter 800 Einwohnern fest. Wir würden einen enormen Schritt nach vorne machen, wenn wir es endlich schaffen könnten, diese Strukturen aufzubrechen, um unsere Gemeinden größer und handlungsfähiger zu machen. Damit ließe sich dann auch eine Verwaltungsebene einsparen.
Auch aus dem Kommunalbericht des Landesrechnungshofes geht hervor, dass die überdurchschnittlich hohen Ausgaben vieler unserer Kreise, im Bereich der freiwilligen Selbstverwaltungsaufgaben, auf die kleinteiligen Strukturen des entsprechenden kreisangehörigen Bereichs zurückzuführen sind.
Eine durchdachte Gemeindegebietsreform würde den Bürokratieaufwand verringern. Das wäre der größte Wurf, den wir landen könnten. Aber wir sind selbstverständlich auch mit vielen kleinen anderen Schritten zufrieden.

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