Rede · Jette Waldinger-Thiering · 22.03.2018 Der moralische Zeigefinger führt selten zum Ziel

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 29 - Drogenpräventionsprojekte an Schulen in Schleswig-Holstein/ „Partyprojekt Odyssee“

„Präventionsarbeit ist ein wesentlicher Bestandteil moderner Drogenpolitik und muss es auch bleiben“

Der SSW bekennt sich klar und eindeutig zum Ziel einer effektiven Drogen- und Suchtpolitik. Für uns kann es überhaupt keinen Zweifel daran geben, dass dabei der Präventionsgedanke im Vordergrund stehen muss. Wer auf die vergangenen Jahrzehnte zurückblickt, kann deutlich sehen, dass ein repressiver Ansatz in die Sackgasse führt. Drogenberichte in Land und Bund zeigen, dass zwar immer mehr Mittel für die Durchsetzung des Drogenverbots eingesetzt werden. Aber an der Zahl der Konsumenten oder der Fälle von Beschaffungskriminalität ändert sich so gut wie gar nichts. Die Kriminalisierung von Konsumenten und die Verteufelung verschiedener Substanzen hat also gerade nicht verhindern können, dass mehr Menschen mit Drogen in Berührung kommen. Wer also wirklich vor den Gefahren des Drogenkonsums schützen will, muss andere Wege gehen. 

Ich denke, niemand will hier irgendwelche Drogen verharmlosen. Und unabhängig davon, ob wir hier über legale oder illegalen Drogen reden, ist eins klar: Trotz einiger Lichtblicke, zum Beispiel beim Rauchverhalten junger Menschen, bleiben die hohen Konsumentenzahlen besorgniserregend. Noch dazu weisen Experten immer öfter darauf hin, dass nicht nur die Zahl der Suchtstoffe zunimmt, sondern dass ihre Wirkung auch immer stärker wird. Für den SSW ist deshalb wichtig, dass wir vorhandene Suchthilfe- und Präventionsangebote nicht nur unterstützen, sondern auch weiterentwickeln. Und bei all dem kann es gar keinen Zweifel daran geben, dass es die Kernaufgabe der Sucht- und Drogenpolitik ist, vor allem junge Menschen umfassend über die Gefahren von Drogen aufzuklären. 

Ein Punkt dürfte für alle Anwesenden relativ einleuchtend sein: Wenn wir Risiken für Sucht minimieren und Menschen schützen wollen, müssen wir schon früh ansetzen. Aus diesem Grund sind Drogenpräventionsangebote an Schulen, wie sie etwa durch den Verein Odyssee oder das IQSH angeboten werden, nicht nur irgendwie sinnvoll, sondern enorm wichtig. Und für eine wirklich wirksame Präventionsarbeit ist nun mal Voraussetzung, dass sie auf die jeweilige Zielgruppe zugeschnitten ist. Denn eins ist doch wohl klar: Man muss weder mit Kindern arbeiten oder Kinder haben, um zu wissen, dass der moralische Zeigefinger selten zum Ziel führt. Oft erreicht man mit Verboten sogar eher das Gegenteil. 

Der Verein Odyssee arbeitet seit vielen Jahren mit genau diesem Ansatz. Niedrigschwellig und vor allem realitätsnah. Zum einen wird der direkte Kontakt zu Konsumentinnen und Konsumenten auf Veranstaltungen gesucht, über Gefahren aufgeklärt und oft eben auch ein kritischer Umgang mit dem eigenen Verhalten angeregt. Und zum anderen werden Schülerinnen und Schüler der Abschlussklassen im Land auf eine Art und Weise informiert, die auch bei ihnen ankommt. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vereins werden auch deshalb als so vertrauenswürdig empfunden, weil sie hier ihre Erfahrungen und Beobachtungen aus der Partyszene einfließen lassen. Und ein Großteil der Jugendlichen fühlt sich nicht nur ernst genommen, sondern eben auch nicht vorverurteilt oder bevormundet. 

Wenn man sich den aktuellen Fall der Flintbeker Schule anschaut, wo einige diesen Ansatz offenbar als Verharmlosung von Drogen verstanden haben, wird eins klar: Diese Art der Prävention ist mitunter auch eine Gradwanderung. Sie kann durchaus missverstanden werden. Aber der Grundtenor, nach dem Drogen nicht nur illegal sondern auch schädlich sind, war auch hier deutlich zu erkennen. Wie andere Präventionsprojekte an Schulen, verfolgt auch Odyssee das Ziel, riskante Konsum- und Verhaltensweisen frühzeitig zu erkennen und zu reduzieren. Und die beschriebene „Zweigleisigkeit“ hilft dabei, Hemmschwellen zu senken, so dass die Schülerinnen und Schüler riskantes Verhalten nicht nur hinterfragen, sondern auch verändern. Deshalb werden wir diese Arbeit natürlich weiter unterstützen. 

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