Rede · Lars Harms · 23.02.2017 Der Petitionsausschuss funktioniert

Lars Harms zu TOP 22 - Entwurf eines Petitionsgesetzes

„Der Gesetzentwurf der Piraten ist von Fehlern durchsetzt, er geht an den Fakten und der Lebenswirklichkeit vorbei und er führt zu nichts!“

Der Gesetzentwurf ist an so vielen Stellen unzulänglich, dass ich darüber zwanzig statt fünf Minuten reden könnte. So fordert das Gesetz Sprechstunden für den Petitionsausschuss. Für alle Sorgen und Nöte, die Bürgerinnen und Bürger mündlich besprechen wollen, bietet die Bürgerbeauftragte bereits jetzt überall im Land öffentlich angekündigte Sprechstunden an. Unterstellen die Piraten ihr etwa eine unzulängliche Arbeit? Ich hoffe nicht. 

Die Piraten wollen eine rigorose Fristsetzung für Stellungnahmen der Landesregierung von vier Wochen. Das impliziert eine schleppende oder sogar verschleppende Praxis der Landesregierung. Das entspricht nicht den Erfahrungen, die der SSW in dieser Legislaturperiode gemacht hat. Die Ministerien und auch die Staatskanzlei waren zu unbürokratischen und baldigen Stellungnahmen jederzeit bereit. Ich halte diese Fristsetzung für willkürlich und für Wichtigtuerei. 

Schauen wir uns an, was der Entwurf in §7 vorsieht: „Ein Disziplinarverfahren darf nicht eingeleitet werden.“ Diese Regelung wärmt den Piraten-Antrag zum Schutz der Whistleblower, den wir vor kurzem hier diskutierten, noch einmal auf. Er kleidet ihn nicht nur in ein neues Gewand, sondern unterstellt auch noch, dass es bislang für Landesbedienstete schlimme Konsequenzen hatte, sich an den Petitionsausschuss zu wenden. Nur, weil man eine Sache immer wiederholt, wird sie noch lange nicht wahr. Hier sollten die Piraten Ross und Reiter nennen und die entsprechenden Fälle anführen. Meines Erachtens muss ein Beschäftigter des Landes kein Disziplinarverfahren fürchten, weil er oder sie eine Petition einreicht. 

Und im Übrigen, würde die Tatsache, dass Disziplinarverfahren völlig ausgeschlossen würden, ja auch zum Missbrauch einladen. Um ein solches Verfahren zu unterbinden, braucht man nur eine Petition zur Sache einreichen und schon ist man aller Sorgen ledig. Vertrauen in Verwaltung oder gar den Rechtsstaat schafft das sicherlich nicht. Aber das wollen die Piraten ja auch nicht. Hier geht es ja darum, den Staat verächtlich zu machen, Misstrauen zu säen und die angebliche Wehrlosigkeit der Bürger vor der Politik und dem bösen Staat darzustellen. Etwas, was die Piraten mit populistischen Parteien durchaus gemein haben!

Ein anderer offener Punkt des vorliegenden Entwurfes: Danach soll der Petitionsausschuss den anderen Landtagsausschüssen ihre Tagesordnungen vorschreiben können. Er soll bestimmen, was diese zu beraten haben. Das ist an Selbstüberschätzung und Lebensfremdheit kaum noch zu überbieten. Ich kann nicht einmal ahnen, welche Erfahrungen die Piraten zu diesem Vorschlag bewegt haben. Das ist wohl das, was man als postfaktisch umschreibt.

Kehren wir darum zum echten Leben zurück. Der Petitionsausschuss ist ein Gremium, das sich fraktionsübergreifend um die Beilegung von Problemen bemüht. Die Mitglieder sind bestrebt, Sachverhalte im Sinne des Petenten abschließend zu klären. Das ist in vielen Fällen echte Hilfe. Ein Alleinstellungsmerkmal würde ich gerade zu sagen. Der Petitionsausschuss reicht Angelegenheiten nicht endlos weiter und holt immer neue Gutachten ein, sondern es ist sein erklärtes Ziel, Verfahren abzuschließen. Dabei wirkt der Ausschuss oftmals nicht besonders öffentlichkeitswirksam, sondern versucht auf dem kurzen Dienstweg etwas für die Petenten zu erreichen. Das tut er durchaus erfolgreich. Und dieser Erfolg ist insbesondere darin begründet, dass er eben untergesetzlich und konsensorientiert arbeitet. Und dass er dies manchmal auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit tut, kann auch oft dazu beitragen, dass man eine Lösung findet. Und manchmal ist es auch so, dass keine befriedigende Lösung eines Problems gefunden werden kann, weil Gesetze manchmal dem entgegenstehen. Da hilft dann auch kein Über-Ausschuss und erst recht kein Gesetz zur Schaffung eines Über-Ausschusses.

Der Gesetzentwurf der Piraten ist von Fehlern durchsetzt, er geht an den Fakten und der Lebenswirklichkeit vorbei und er führt zu nichts!

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