Rede · Sybilla Nitsch · 14.06.2023 Der Schutz der anerkannten Minderheiten und Volksgruppen gehört ins Grundgesetz!

„Die Dänen, die Friesen und die Sinti und Roma sind elementarer Bestandteil der schleswig-holsteinischen Geschichte, prägen die Gegenwart und werden auch zukünftig nicht wegzudenken sein.“

Sybilla Nitsch zu TOP 15/28/43/44 - Stärkung der Wissensvermittlung zu den vier nationale Minderheiten und der Sprecher:innengruppe Niederdeutsch, Schutz und Förderung der autochthonen Minderheiten sowie Berichte zur Förderung der Nachbarsprache Dänisch und zur Einrichtung von 20 Partnerschaften zwischen deutschen und dänischen Oberstufenschulen (Drs. 20/991, 20/1068, 20/730, 20/230)

„Was heißt hier Minderheit?“ 
Das war der Titel der Wanderausstellung, die im September hier bei uns im Landeshaus gezeigt wurde. 
Die Ausstellung des Minderheitenrates der vier autochthonen nationalen Minderheiten und Volksgruppen sollte zum Reflektieren anregen: über Identität, verschiedene Blickwinkel und das gemeinsame Miteinander. 
Sie hat auch gezeigt, dass die nationalen Minderheiten fester Bestandteil der schleswig-holsteinischen Geschichte, Gegenwart und der Zukunft sind. 
Das zeigt auch die heutige Debatte. In vier Anträgen zusammengefasst geht es heute um die übergeordnete Botschaft: die Themen der Die , ihre Rechte und ihre Sprache gehören auf die Tagesordnung unserer Parlamente! 
Und auch ins Grundgesetz. Der SSW setzt sich schon lange dafür ein, den Schutz der anerkannten Minderheiten und Volksgruppen im Grundgesetz zu verankern. Hier geht es nämlich nicht um Symbolik. Hier geht es darum, den Schutz und die Rechte der nationalen Minderheiten und Volksgruppen in Deutschland unabhängig von sich verändernden politischen Mehrheiten langfristig zu sichern. 
Deshalb begrüßen wir, dass die Landesregierung dieses Thema auf Bundesebene erneut aufgreifen will. Gerne verweise ich in diesem Zusammenhang auch nochmal auf das Gutachten von Rechtsanwalt Dr. Wilhelm Mecklenburg, der zu dem Schluss kommt, dass eine grundgesetzliche Verankerung des Schutzes nationaler Minderheiten vor dem Hintergrund völkerrechtlicher Verpflichtungen der Bundesrepublik notwendig ist. 
In diesem Zusammenhang ist es aber auch notwendig, das Wissen über die nationalen Minderheiten zu vermitteln und weiterzugeben. Die Dänen, die Friesen und die Sinti und Roma sind elementarer Bestandteil der schleswig-holsteinischen Geschichte, prägen die Gegenwart und werden auch zukünftig nicht wegzudenken sein. Deshalb fordern wir, dass die Vermittlung des geschichtlichen, kulturellen und sprachlichen Hintergrunds der vier anerkannten autochthonen Minderheiten und Volksgruppen und der Sprecher:innengruppe Niederdeutsch in die Lehrpläne aller Schulformen integriert werden. Hierfür muss geeignetes Lehrmaterial im ganzen Land zur Verfügung gestellt werden. 
Hier geht es nämlich nicht um ein „Nischenthema“ was behandelt werden kann, wenn die Lehrpläne zufällig Platz dafür hergeben. Es geht um einen Teil von Schleswig-Holstein, dessen Hintergrund als elementarer Bestandteil in die Bildung unserer Kinder integriert werden muss! 
Nicht nur, weil es rechtlich in Form des Rahmenübereinkommens zum Schutz nationaler Minderheiten und der Europäischen Charta der Regional- und Minderheitensprachen so geschrieben steht. Auch, um das Bewusstsein des gesellschaftlichen Mehrwerts von nationalen Minderheiten und Regionalsprachen zu fördern!
Schleswig-Holstein sollte hier eine Vorbildfunktion einnehmen, denn Ziel muss es sein, die Wissensvermittlung in allen Bundesländern zu verankern. Ende 2022 hat der Minderheitenrat auf Bundesebene eine Aufforderung an die Kultusministerkonferenz gesendet. Frau Ministerin Prien, sie müssten diese Aufforderung direkt auf ihren Tisch bekommen, daher gehen wir davon aus, dass Sie gut im Bilde sind und auf der Arbeitsebene diesen Prozess positiv begleiten werden.
Hierbei können auch Partnerschaften zwischen deutschen und dänischen Oberstufenschulen helfen. Diese Kooperation unterstützen wir ausdrücklich und wollen noch mehr Partnerschaften zwischen Schulen in Dänemark und Schleswig-Holstein aufbauen. Ich hätte mich darüber gefreut, wenn die Pläne für das Ziel der Koalition, 20 neue Partnerschaften einzurichten, zu diesem Zeitpunkt bereits vorgelegen hätten. 
Gerade mit Blick auf die über 50 bereits bestehenden Partnerschaften und die Erfahrungen, die dort gemacht wurden. Ein Bericht der Landesregierung im 2. Quartal ist also kein erster Schritt, aber immerhin etwas. 
Kommen wir zu unserem Berichtsantrag vom letzten September über das Thema nach Nachbarschaftssprache Dänisch. Mit der Fertigstellung der Fehmarnbeltquerung wird bald ein zweites deutsch/dänisches Grenzland entstehen. Dieses wird nicht durch Grenzverschiebungen und aus der Historie heraus entstehen, sondern durch Fehmarnbelttunnel. Deshalb ist es umso wichtiger, Augenmerk auf die sprachlichen und kulturellen Strukturen in der Fehmarnbelt-Region zu legen und gegebenen falls rechtzeitig Maßnahmen zu ergreifen, um diese aufzubauen. Im Bericht ist zu erkennen, dass unser Bitten nach einem Aufbau dieser Strukturen zumindest erhört wurde. Dass wir aber die Herausforderungen und Möglichkeiten für den grenzüberschreitenden Arbeitsmarkt und die sprachlichen und kulturellen Möglichkeiten weiterhin angehen müssen ist klar. 
Insbesondere wenn wir die neuentstehenden Strukturen in der Fehmarnbeltregion auf professionelle und nachhaltige Füße stellen wollen. Die dänische Sprache, das gegenseitige Kulturverständnis, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit und der neu entstehende Arbeitsmarkt muss weiterhin gefördert werden, damit wir ähnliche Strukturen wie in der Region Schleswig/Sønderjylland schaffen können. 

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