Rede · Lars Harms · 23.09.2016 Der Schutz der jungen Mädchen hat absoluten Vorrang vor allen anderen Belangen

Lars Harms zu TOP 32 - Kinderehen passen nicht zu unseren Werten

Das deutsche Recht ist manchmal unerwartet einfach. So auch in Sachen Ehemündigkeit. §1303, BGB sieht vor, dass eine Ehe nicht vor Eintritt der Volljährigkeit eingegangen werden soll. Noch zu Kaiserszeiten sah das Gesetz vor, dass der Mann unbedingt volljährig sein müsse, die Frau dagegen nicht unbedingt. Inzwischen hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass junge Menschen die Tragweite ihrer Entscheidung in der Regel nicht absehen können. Ich möchte an dieser Stelle auf die bewährte Praxis der Begleitung dieser Partnerschaften durch das Jugendamt hinweisen, sofern ein Partner unter 18 Jahre alt ist und eine Eheschließung im Ausnahmefall genehmigt worden ist. Auf diese Weise erfahren diese Paare in Deutschland gute Unterstützung. Prinzipiell ist es aber richtig, dass Volljährigkeit und Ehe miteinander verknüpft sind und Ehen unter 18 Jahre die absolute Ausnahme sind. 

Andere Länder sehen das anders. Derzeit wird im Iran über die Ehemündigkeit von Mädchen im Alter von 9 Jahren diskutiert, wie es bis 2002 galt. Seitdem müssen die Mädchen mindestens zwölf sein. Bei allem Respekt vor kulturellen Unterschieden ist eine Eheschließung vor Eintritt der körperlich-sexuellen Reife Barbarei. Die Mädchen kennen ihren Körper noch gar nicht, müssen aber mit einem älteren Mann schlafen. In Europa ist so eine Praxis unvorstellbar. Das ist und bleibt Kindesmissbrauch. Darum bin ich auch gegen das Wort Kinderehe. Ehen mit einer Partnerin im Grundschulalter sind für mich keine Ehen, sondern sexueller Missbrauch.

Derzeit geht der Bundesjustizminister von 1.000 Paaren in Deutschland aus, von denen die Partnerin 15 Jahre und jünger ist; meistens eingewanderte Flüchtlinge. Nachdem die Zahlen durch die Flüchtlingszuwanderung in den letzten Monaten rasant gestiegen sind, wurde eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe eingerichtet. Sie hat Anfang September ihre Arbeit aufgenommen. Das Ziel ist klar: Schutz der Mädchen. Ich halte darum überhaupt nichts von der Ausweisung der Paare, wie sie in Dänemark diskutiert wird. Es muss möglich sein, die Mädchen hier in Deutschland zu unterstützen und zu schützen. Die betroffenen Jugendämter berichten von sehr komplexen Gefühlslagen der Mädchen bis hin zur Angst vor Ausweisung. Darum schlagen wir in einem ersten Schritt vor, dass diese Ehen nicht anerkannt werden – mit allen entsprechenden Konsequenzen. Der Schutz der jungen Mädchen hat absoluten Vorrang vor allen anderen Belangen.

Wir müssen das Thema sehr ernst nehmen. Allerdings scheint es mir geboten, die Beratungen der Arbeitsgruppe abzuwarten und dann die notwendigen Entscheidungen zum Wohle der Mädchen zu treffen.

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