Rede · Flemming Meyer (2009–2020) · 29.05.2008 Deutschland braucht kein FBI: BKA-Gesetz ablehnen


Der Antrag schlägt vor, das neue BKA-Gesetz, dessen Text wir noch gar nicht kennen, im Bundesrat zu stoppen. Ich plädiere dagegen dafür, bereits jetzt auf die Ausgestaltung der Befugnisse des Bundeskriminalamtes Einfluss zu nehmen. Das so genannte BKA-Gesetz wird wahrscheinlich nächste Woche das Bundes-Kabinett passieren. Der Bundestag wird sich noch vor der Sommerpause mit dem so genannten „Schäuble-Katalog“ beschäftigen.

Wie das im Gesetzgebungsprozess gang und gäbe ist, stellt der bislang bekannte Entwurf lediglich eine extreme Position da; diese wird im Laufe der Beratungen abgeschwächt werden. Außerdem werden die Gerichte die schlimmsten Sachen einkassieren. Dann könnte man beruhigt sein, dass eben doch nicht alles so heiß gegessen wird, wie es gekocht wird. Doch das ist eine falsche Gewissheit. Scharfmacher aller Parteien kümmern sich nämlich nicht um die entscheidende Frage: Welche Linie darf auch in Zeiten der allergrößten Not nicht überschritten werden?

Der Journalist Heribert Prantl kritisiert in seinem aktuellen Buch „Der Terrorist als Gesetzgeber“, dass dem Rechtsstaat der Anker fehle, wenn immer mehr Gesetze den Kern privater Lebensgestaltung missachten würden. Genau das droht mit dem BKA-Gesetz.

Wenn wir heute die Ausspähung von Wohnungen Dritter, die Online-Durchsuchung und das Protokollieren von Gesprächen von Verdächtigen mit Arzt und Geistlichem gutheißen, kappen wir die Halteleine unserer demokratischen Gesellschaft. Sollte es tatsächlich einen Terroranschlag geben, haben wir dann keinen unantastbaren Kern eines freiheitlichen Rechtsstaates mehr. Hysterie und Willkür wären die Folge.

Eingriffe in die Privatsphäre sollten also gut durchdacht sein. Der SSW hat bereits am Beginn dieser Diskussionen, unmittelbar nach den Anschlägen des Jahres 2001 gefragt, ob die damals verabschiedeten Maßnahmen wirklich mehr Sicherheit bringen.
In anderen Bereichen ist die Evaluation von Gesetzen durchaus üblich: in der Schulpolitik, im Gesundheitswesen oder auf dem Arbeitsmarkt. Dort fragen wir uns, ob die verabschiedeten Maßnahmen wirklich den beabsichtigten Zielen dienen. Wenn nicht, dann muss man sich etwas Neues einfallen lassen.

Diese vernünftige Politik vermisse ich allerdings bei der Terrorismusprävention. Da regiert die Angst, es scheint immer nur in eine Richtung zu gehen: noch stärkere Kontrolle, noch größere Eingriffe in die Grundrechte und noch mehr Screening von uns allen. Der SSW schlägt stattdessen vor, auch die Sicherheitspolitik regelmäßig auf die Umsetzung der Ziele zu überprüfen. Ich möchte ein Beispiel anführen: in der zentralen Anti-Terror-Datei werden fleißig Daten gesammelt, obwohl gar nicht klar ist, ob die zentrale Erfassung überhaupt Erfolge zeigt. Darum lautet unser Vorschlag: Zunächst sollten die bereits beschlossenen Maßnahmen auf den Prüfstand, bevor weitere Eingriffe in die Privatsphäre verabschiedet werden.

Allerdings bezweifle ich, dass das Eindringen in die Privatsphäre überhaupt die gewünschten Erfolge bringt. Es ist doch eher die klassische Polizeiarbeit mit Verhör und Menschenkenntnis, die in der Vergangenheit zu entscheidenden Hinweisen führten.

Die Position des SSW zum BKA-Gesetz ist klar: Der SSW lehnt den Großen Lauschangriff ab. Wir sind gegen Online-Durchsuchungen und staatliche Ausspähprogramme. Wir wollen keine Nationale Abhörzentrale, weil damit Polizei und Geheimdienst miteinander verquickt werden.
Der SSW fordert eine bessere Überwachung und die Kontrolle der Überwacher. Die steigende Zahl von abgehörten Internetgesprächen zeigt, dass hier Klärungsbedarf besteht.

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