Rede · Lars Harms · 11.10.2023 Die Mehrwertsteuerermäßigung bei Gas und Fernwärme muss bleiben!

„Den normalen Leuten sind wir es schuldig, dass sie planen können, und zwar für länger als nur ein paar Monate am Stück. Wer das verkennt, der darf sich über hohe Stimmenanteile für Extremisten nicht wundern!“

Lars Harms zu TOP 16-24 - Mehrwertsteuerermäßigung auf Gas und Fernwärme, Rahmenbedingungen für die solidarische Wärmewende in Schleswig-Holstein verbessern (Drs. 20/ 1459, Drs. 20/1471)

Die Bundesregierung findet, nun habe man die Menschen bei den Energiepreisen genug unterstützt, nun können die Leute auch gut wieder 19% Mehrwertsteuer auf Gas und Fernwärme zahlen. Sie verkennt aber, dass die Menschen im Vergleich zum Jahresanfang 2022 noch immer deutlich höhere Preise für Energie und Nahrungsmittel bezahlen und dass auch die Inflationsrate mit 4,5 Prozent noch immer hoch ist. Und diese andauernden Mehrkosten sind längst nicht bei allen Leuten durch ein Mehr an Gehalt ausgeglichen worden. Steigt der Mehrwertsteuersatz für Gas und Fernwärme wieder auf 19 Prozent, belastet das eine Vierköpfige Familie mit etwa 270 Euro im Jahr. Dazu kommt dann im Frühjahr 2024 die wegfallende Energiepreisbremse und der geplante Anstieg des CO2-Preises. Und die noch immer hohen Verbraucherpreise, die teils drastisch gestiegenen Mieten, all das belastet die Menschen darüber hinaus. Wer das verkennt, der darf sich über hohe Stimmenanteile für Extremisten nicht wundern!
Und Berlin debattiert über fehlende Staatseinnahmen. Die können wir gern erhöhen, ich glaube fest daran, dass es da noch die ein oder andere Subvention für Privilegierte gibt, die wir streichen könnten. Aber den normalen Leuten sind wir es schuldig, dass sie planen können mit ihrem Haushaltseinkommen, und zwar für länger als nur ein paar Monate am Stück. Wo sollen denn die Menschen das Geld hernehmen für die vielen Kostensteigerungen? Darauf bleibt die Ampel-Koalition die Antwort schuldig. Wir dürfen Haushaltslöcher nicht auf Kosten der kleinen Leute stopfen. Wer so handelt, braucht sich am Ende nicht wundern, wenn die Menschen politikverdrossen sind. Darum fordern wir die Landesregierung auf, sich auf Bundesebene für eine Verlängerung der Mehrwertsteuersenkung auf Gas und Fernwärme mindestens bis Ende 2024 einzusetzen. 


Natürlich müssen wir perspektivisch dafür sorgen, dass wir im Land unabhängiger werden von der Preisentwicklung fossiler Brennstoffe. Das gilt für den einzelnen Haushalt ebenso wie für die kommunalen Versorger. Für Letztere gilt, dass Gas und Kohle durch andere technische Lösungen, wie etwa Großwärmepumpen, ersetzt werden muss. Für den Endverbraucher müssen wir vor allem Anschlussmöglichkeiten an Wärmenetze schaffen, weil das immer die günstigere Wahl ist, als 30.000 Euro oder mehr in eine eigene Wärmepumpe zu investieren. Um den dafür notwendigen Ausbau der Wärmenetze in den nächsten Jahren stemmen zu können, brauchen wir kommunale Versorger, aber auch private Unternehmen, die in Wärmenetze investieren. Ob die Unterstützung hierfür so aussehen muss, wie von der SPD im vorliegenden Antrag aufgezeigt, daran habe ich Zweifel. Vor allem den Ansatz, den Unternehmen Eigenkapital zur Verfügung zu stellen, sehen wir kritisch. Zum einen klingt das in meinen Ohren beihilferechtlich schwierig, zum anderen frage ich mich, ob wir als Land wirklich Anteilseigner an allen möglichen kommunalen Wärmeversorgern werden wollen. Und umgekehrt: wollen die das Land als Anteilseigner haben? Ich denke, hier sollten wir lieber auf echte Förderungen setzen und nicht auf eine zweifelhafte Veränderung der Anteilseignerstrukturen. Und ich glaube, wir können den Unternehmen, Stadtwerken wie Privaten, durchaus mehr zutrauen, als die SPD das tut. Ich bin zuversichtlich, dass die es ohne Unterstützung des Landes schaffen, in einen Austausch mit den möglichen kapitalgebenden Banken zu treten. Das gleiche gilt für die Landesinfrastrukturgesellschaft, eine Idee, die die SPD offenbar sehr liebgewonnen hat. Das kann man machen, aber sollte das nicht nur die Ultima Ratio sein, wenn wir feststellen, dass die Kommunen und die Unternehmen nicht in der Lage sind, eigenständig Wärmenetze zu bauen und wirtschaftlich zu betreiben? Vielerorts werden aktuell Nahwärmenetze geplant und gebaut und das funktioniert reibungslos, auch ohne Infrastrukturgesellschaft. So wenig Bürokratie wie möglich, sollte hier nach unserer Auffassung das Ziel sein! 
Und bis diese großen Wärmenetze in einigen Jahren und Jahrzehnten geschaffen sind, dürfen wir über die Sorgen und Nöte der ganz normalen Menschen nicht hinwegsehen! Deshalb muss jetzt erst einmal die Mehrwertsteuerermäßigung bei Gas und Fernwärme bleiben! 

 

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