Rede · Lars Harms · 20.03.2015 Die neue Bauordnung stärkt Eigenverantwortung von Bauherren und Gemeinden

Lars Harms zu TOP 7 - Gesetz zur Änderung der Landesbauordnung

In früheren Zeiten hat die Verwaltung bis zum letzten Ziegelstein streng kontrolliert. Dahinter stand das Verständnis von Bauherren, die, wenn von der Leine gelassen, schrecklichen Unfug anrichten würden. Das Verhältnis zwischen Bürgerinnen und Bürgern zu ihren Behörden war von Misstrauen geprägt. Das ändert sich gerade. Es geht um Vertrauen, das man mündigen Bürgerinnen und Bürgern zumisst und das sich tausendfach bewährt. Die Menschen bauen in hohem Maße vernünftig. Darum ist es gut, dass die Bauordnung dazu übergeht, nur das Notwendigste zu regeln. Das entlastet die Behörden und die Gemeinden. Ich bin davon überzeugt, dass komplizierte Verfahren so manchen Bauherren dazu bringen, sein Vorhaben noch einmal zu überdenken. Das wollen wir aber nicht. Schließlich sollte die Landesbauordnung nicht zur Bauverhinderungsordnung mutieren.

Die Gemeinden werden aber nicht nur entlastet, sie bekommen mehr Gestaltungsmöglichkeiten. Im Sinne einer Stärkung der demokratischen Gegebenheiten vor Ort ist das ausdrücklich zu begrüßen. Wenn eine Gemeinde beschließt, Baulücken zu schließen, kann sie jetzt mit der neuen Bauordnung die Abstandsflächen neu in ihrer Satzung festlegen. Es ist nämlich überhaupt nicht einzusehen, warum diese Regelung zentral vorgegeben werden muss; schließlich sind die baulichen Gegebenheiten sehr unterschiedlich. 

Das gleiche gilt für die Stellplatzregelung. Auch hier haben die Gemeinden zukünftig einen größeren Gestaltungsraum. Ich wünsche mir einen regen Gebrauch dieser Möglichkeiten. Der Landtag sollte sich mit einem gewissen zeitlichem Abstand über die Erfahrungen mit diesen neuen Möglichkeiten berichten lassen. 

Die neue Bauordnung berücksichtigt neue Entwicklungen. Es ist eben nicht alles in Stein gemeißelt. Baustandards ändern sich - ebenso die Anforderungen an ökologisches und seniorengerechtes Bauen. Die Landesbauordnung muss damit Schritt halten und ich bin davon überzeugt, dass die vorliegende Überarbeitung genau das tut. 

Aus den vielfältigen neuen Regelungen möchte ich einen Punkt besonders hervorheben und zwar den verfahrensfreien Bau von Kleinwindanlagen. Wenn man die B5 entlang fährt, sieht man bereits einige neue Kleinanlagen, meistens auf dem Gelände eines Bauernhofes. Dort laufen sie wartungsarm und zuverlässig und betreiben Wasserpumpen oder sorgen für die Stallbeleuchtung. Die kleinen Anlagen kommen dabei unter anderem von einer Firma aus Leck. Es etabliert sich also ein neuer Markt, der auf die Eigenversorgung setzt, aber auch die Einspeisung ins Netz vorsieht. Die kleinen Anlagen sind sehr robust und schnell montiert. Sie erzeugen Strom genau dort, wo er ge- und verbraucht wird. Leitungsprobleme haben die Kleinwindanlagen zumindest nicht. Der Bundesverband Kleinwindanlagen wartet bereits seit längerem auf die Verfahrensfreistellung auch bei uns. Andere Länder, wie beispielsweise Nordrhein-Westfalen, haben nämlich nach der Verfahrensfreistellung einen regelrechten Boom erlebt. Darum passt die geplante Verfahrensfreistellung in der Bauordnung ausgesprochen gut zur Messe New Energy in Husum in zwei Wochen. Dort werden nämlich viele Abschlüsse gemacht werden; auch im Bereich Kleinwindanlagen. Bald kann jeder in bestimmten Lagen gleich den Bestellzettel ausfüllen und loslegen. Das ist ein gutes Zeichen für diesen Wirtschaftszweig.

Das gleiche gilt für die Solaranlagen, deren Einrichtung verfahrensfrei gestellt werden. Die Landesregierung unterstützt ausdrücklich Investitionen in diese Technik, was sich auch in der Bauordnung niederschlägt. In diesem Zusammenhang begrüße ich ausdrücklich die Klarstellung in § 29, dass die Solaranlagen an Außenwänden schwer entflammbar sein müssen. Das war in der Vergangenheit nicht klar geregelt.

Die Wärmedämmung an den Häusern wird auch verfahrensfrei gestellt werden. Darüber hinaus werden die Abstandregelungen an die neuen Dämmmaterialien angepasst. Eine gute Dämmung kann bereits bei einer Dicke von zehn bis fünfzehn Zentimetern erbracht werden. Damit verändern sich natürlich die Außenmaße eines Gebäudes. Jetzt ist klar, dass die Abstandsregelungen ebenfalls angepasst werden.

Die neue Bauordnung erfährt neben vielen kleinen redaktionellen Änderungen auch eine neue Weichenstellung, weil sie die Eigenverantwortung von Bauherren und Gemeinden stärkt. Und das ist sehr zu begrüßen.

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