Rede · 01.07.2011 Dringlichkeitsantrag: Keine Bevormundung der Kreise und Kommunen bei der SchülerInnen-Beförderung
Die aktuelle Diskussion um die Elternbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten muss aus Sicht des SSW zweigleisig geführt werden. Auf der einen Seite haben wir die Rechtslage, auf der anderen Seite die politische Entscheidung.
Die Rechtslage kann eigentlich kurz abgehakt werden: Gesetz ist Gesetz. Aber so einfach ist es hoffentlich nicht. Aktuell sieht es so aus, als verstöße der Dithmarscher Kreistag mit seiner Entscheidung gegen die Elternbeteiligung gegen die Gesetzeslage. Dass das Innenministerium als oberste Kommunalaufsicht in den letzten Wochen schon die Muskeln hat spielen lassen und damit droht, eine Satzung zum 01. August zu erzwingen, ist daher ein logischer Schritt.
Die Dithmarscher weigern sich jedoch schlichtweg, das Gesetz umzusetzen, weil es ungerecht ist. Dabei pocht der Kreistag auf sein Recht auf Selbstverwaltung und klagt jetzt konsequenterweise beim Verwaltungsgericht in Schleswig gegen die Vorgehensweise der Landesregierung. Wir alle können gespannt sein, was bei dieser Klage rauskommt.
Die Dithmarscher haben schon die Kreisgebietsreform erfolgreich verhindert und 2007 haben die gewählten Volksvertreter schon einmal die zwingende Elternbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten gekippt. Aus Sicht des SSW sollten wir einen Augenblick innehalten und sehen, was die Dithmarscher tun: Die Kreistagsabgeordneten als gewählte Volksvertreter fühlen sich dem Volk nahe. Dies kommt gerade hier in Kiel häufig zu selten vor. Zumindest zeugen die Sparbeschlüsse von CDU und FDP davon, dass man wenig Ahnung von den Belangen vor Ort hat. Die Dithmarscher zeigen in ihrer gewohnt sturen und unabhängigen Art und Weise, dass sie sich von Obrigkeiten nicht einschüchtern lassen und sich auch keine Politik vorschreiben lassen, die sie nicht wollen. Und das über Fraktionsgrenzen hinweg! Aus Sicht des SSW kann man hierzu nur sagen: Respekt!
Respekt vor allem auch, weil die Schülerbeförderungskosten nicht einfach nur als Kostenfaktor angesehen werden. Schon 2007 musste die Große Koalition ihre Soll-Bestimmung der Elternbeteiligung einkassieren, weil die Proteste im Land zu groß waren und sowohl CDU als auch SPD Angst vor den Konsequenzen bei der nächsten Wahl hatten. Wir können uns daher nur wünschen, dass die Kreise vor diesem Schnellschuss der Landesregierung nicht einfach kuschen, sondern auch ihre Unzufriedenheit über dieses Gesetz deutlich machen. Denn klar ist, dass sowohl viele Kommunalpolitiker als auch Eltern gegen die Beteiligung sind.
Die Landesregierung hat den Sparbeschluss zur Schülerbeförderung völlig isoliert unter Kostengesichtspunkten gefällt. Dabei soll der Haushalt nicht nur um 7 Millionen Euro auf Kosten der Eltern saniert werden, vor allem wird der Schwarze Peter an die Kreise abgegeben.
Aus Sicht des SSW ist die Elternbeteiligung an den Schülerbeförderungskosten prinzipiell ungerecht. Eine grundständige Bildung darf nie von der finanziellen Stellung der Eltern abhängig sein und Kinder im ländlichen Raum dürfen hier auch nicht benachteiligt werden. Schulbildung muss kostenlos sein, unabhängig vom Wohnort und dem Einkommen der Eltern. Völlig inkonsistent wird der Beschluss der Landesregierung spätestens, wenn man sich die aktuelle Bildungspolitik des Landes ansieht. Da wird das Schulsystem insgesamt zentralisiert und kleine Grundschulen geschlossen und gleichzeitig wälzt man das Problem der ländlichen Räume, wie die Kinder dann zur Schule kommen sollen, ab auf die Kreise. Die Landesregierung gibt also eine miese Politik vor und überlässt die Reparatur der Schäden vor Ort anderen.
Aus Sicht des SSW ist es an der Zeit, dass die Abgeordneten von CDU und FDP anfangen, auf die Argumente ihrer eigenen kommunalen Basis zu hören und die Fehlentscheidung zur Elternbeteiligung rückgängig machen. Es ist falsch, Gesetze nicht einzuhalten. Aber es ist richtig, den Fraktionen von CDU und FDP endlich klar zu machen, dass die Beteiligung von Eltern an der Schülerbeförderung nicht nur unsozial ist, sondern es auch dem Prinzip der kostenlosen Bildung und Chancengleichheit widerspricht, quasi durch die Hintertür ein Schulgeld einzuführen.