Rede · 21.07.2017 Einseitige Zusatzbeiträge sind schlicht und einfach ungerecht

Flemming Meyer zu TOP 17 - Bürgerversicherung für ein gerechtes Gesundheitssystem einführen

Wir haben das Thema Parität in der gesetzlichen Krankenversicherung ja schon im November letzten Jahres in den Landtag gebracht. Damals wie heute muss ich klar sagen, dass diese Frage absolut zentral für uns ist. Denn die einseitigen Zusatzbeiträge zur Krankenversicherung gehen nun mal ausschließlich zu Lasten der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Und sie sind damit in höchstem Maße ungerecht. Auch wenn wir diese Entscheidung als Land nicht in der Hand haben, senden wir mit unserer Zustimmung zu diesem Antrag doch ein wichtiges Signal in Richtung Berlin. Für den SSW steht jedenfalls fest, dass wir so schnell wie möglich zu gleichen Beiträgen für Arbeitgeber und Arbeitnehmer zurückkehren müssen! 

Dieses Thema ist bekanntlich nicht neu. Die Zusatzbeiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung wurden schon vor über einem Jahrzehnt eingeführt. Ein wesentliches Argument waren damals die Finanzprobleme der öffentlichen Kassen. Doch während die Zahl der Arbeitslosen kontinuierlich sinkt, wird der Arbeitnehmerbeitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung mehr oder weniger regelmäßig erhöht. Die steigenden Gesundheitskosten werden damit im Grunde ausschließlich von den gesetzlich Versicherten getragen. Und diese Zusatzbeiträge können heute deutlich über 500 Euro pro Kopf und Jahr ausmachen. Das ist für viele Versicherte eine echte finanzielle Belastung. Wenn ich lese, dass die Arbeitnehmer im letzten Jahr über 14 Milliarden Euro mehr eingezahlt haben, als die Arbeitgeber, dann ist das in meinen Augen schlicht und einfach ungerecht.

Wie wir alle wissen, hat sich auch der Bundestag ausgiebig mit diesem Thema befasst. Aus Sicht des SSW gibt es an den Ergebnissen der Anhörung des Gesundheitsausschusses wenig zu deuteln. Nahezu alle Sozial- und Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass die Zusatzbeiträge für die Versicherten weiter steigen werden. Und fast alle befürworten eine Rückkehr zur paritätischen Finanzierung, um eben genau diese einseitige Belastung zu vermeiden. Natürlich warnt die Arbeitgeberseite reflexartig davor, ihren Anteil an der Finanzierung zu erhöhen, weil das Jobs kosten würde. Doch bis heute wurde weder dies noch das Gegenteil belegt: Die Deckelung der Arbeitgeberbeiträge hat ganz offensichtlich keine erkennbaren positiven Auswirkungen auf die Beschäftigung. Ich denke also, dass bei diesem Argument der Wirtschaft zumindest etwas Skepsis angebracht ist. 

Gleichzeitig ist es aber kein Geheimnis, dass die Gesundheitskosten steigen. Diese Entwicklung ist auch ohne die vielen Ungerechtigkeiten und Fehlanreize im Gesundheitswesen logisch. Denn wir Menschen werden immer älter und auch die Zahl der Erkrankungen nimmt zu.

Aber das ist doch kein Grund dafür, die Arbeitgeber von der Finanzierung dieser steigenden Kosten auszunehmen. Im Gegenteil: Gerade weil die Gesundheitskosten steigen, müssen alle gleichermaßen an der Finanzierung des medizinischen Fortschritts und an einer wirklich solidarischen Gesundheitsversorgung mitwirken. 

Aus Sicht des SSW sollten wir uns hier aber auch nicht in die Tasche lügen: Auch mit dem Grundsatz halbe-halbe werden wir in der Krankenversicherung mittelfristig an Grenzen stoßen. Unsere Gesellschaft wird nun mal immer älter und demenzielle Erkrankungen oder Diabetes werden uns schon sehr bald viele zusätzliche Milliarden jährlich kosten. Die Bundesregierung muss sich also endlich bewegen und die Weichen in Richtung einer langfristig stabilen und gerechten finanziellen Basis für das Gesundheitswesen stellen. 

Langfristig führt für den SSW kein Weg an der Bürgerversicherung vorbei. Die stärksten Schultern müssen endlich auch die größten Lasten tragen. Wir wollen, dass in Zukunft alle Bürger über Steuern zum Sozialwesen beitragen, anstatt leistungsstarke Gruppen durch Privatversicherungen immer stärker hiervon auszunehmen. Nach meiner Auffassung ist und bleibt es eine Kernaufgabe des Staates, auch an all die Menschen zu denken, die keine starke Lobby haben und unsere Unterstützung brauchen. Hierfür werden wir weiter kämpfen.

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