Rede · Flemming Meyer (2009–2020) · 18.03.2010 Equal Pay Day

Arbeitgeber wissen es schon lange: es lohnt sich, eine motivierte Frau einzustellen, denn sie bekommt weniger Geld als ihr männlicher Konkurrent. Da spart der Arbeitgeber jeden Monat Bares. Das ist auch der Grund, warum sich die Entgeltunterschiede in Deutschland so hartnäckig halten. Es rechnet sich einfach. Die Arbeitgeber-Vertreter lehnen darum auch beinahe gebetsmühlenhaft klare Quoten und gesetzliche Regelungen ab, wie erst diese Woche DIHK-Präsident Hans Heinrich Driftmann, als es um Quoten für die Führungsetagen ging. Die Frauen sind die Spardosen der Arbeitgeber.

Der Protest am Frauentag, am 1. Mai oder am Equal Pay Day lässt sich da leicht verschmerzen. Und eben auch, ob der Landtag Schleswig-Holstein die Entgeltungleichheit bedauert oder nicht.

Um es klarzustellen. Der Abstand zwischen Männer- und Frauenverdiensten ist unabhängig von den Tarifbereichen und den Qualifikationen. Frauen verdienen in Deutschland durchgängig weniger als Männer. Zwar sind die Unterschiede bei den Gutverdienern geringer als bei den Menschen ohne Ausbildung; aber die Tendenz ist die gleiche.

Symbolische Tage, wie der Girls Day oder auch der Equal Pay Day, können durchaus bei der einen oder dem anderen etwas in Gang bringen; um nachhaltige Veränderungen zu erreichen, müssen wir allerdings dickere Bretter bohren. Der Einkommensschere zwischen Frauen und Männern ist in Deutschland ist nicht mit Debatten beizukommen, sondern muss per Gesetz und per Tarifvertrag zunächst verkleinert und dann abgeschafft werden.

Uns steht es als Parlament nicht an, die Tarifpartner zu entsprechenden Verhandlungen aufzurufen. Seitens der Gewerkschaften ist zumindest Bewegung ins Spiel gekommen. Die Ansätze bei Ver.di und andere Gewerkschaften zeigen nach vorne. Dass ein Bäcker nach drei Jahren Ausbildung drei Euro mehr die Stunde bekommt als die Bäckereifachverkäuferin, die ebenfalls drei Jahre Ausbildung hinter sich hat, ist ein Zustand, dem schleunigst abgeholfen werden muss; und die Gewerkschaften zeigen sich genau dazu bereit. Die Anwendung unterschiedlicher Kriterien bei der Bewertung von frauen- und männerdominierten Tätigkeiten beschränkt sich beileibe nicht nur auf das Bäckerhandwerk, sondern ist auch in der Dienstleistungsbranche oder in der Industrie gang und gäbe. Arbeiten mit hohem Frauenanteil werden schlechter bezahlt als die, in denen überwiegend Männer arbeiten. Auch wird wohl immer noch die Muskelkraft höher bewertet, auch im Stundenlohn. Diese historisch gewachsene Ungleichheit muss weg.

Bislang müssen Frauen, die durch ein diskriminierendes Entgeltsystem betroffen sind, ihr Recht individuell vor Gericht erkämpfen, obwohl sie schließlich als Frau, also Mitglied einer Gruppe, unrechtmäßig behandelt wird. Der kollektiven Rechtssetzung steht kein kollektives Verfahren zu seiner Überprüfung gegenüber. Das ist bedauerlich, aber wohl kaum kurzfristig zu ändern. Das mussten auch viele Frauen einsehen, die hofften, in Bezug auf europäische Richtlinien gleiches Entgelt juristisch durchzusetzen. Oftmals bekamen sie zwar vor Gericht Recht – oft erst nach mehreren Instanzen - aber eben nur die einzelne Betroffene. Eine nur leicht geänderte Arbeitsplatzbeschreibung kann bereits der Nachfolgerin der Klägerin wieder den alten, niedrigen Lohn bescheren.

Der SSW begrüßt, dass der Equal-Pay-Day inzwischen von allen politischen Parteien zum Anlass genommen wird, das ungerechte deutsche Entgeltsystem anzuprangern.

Damit ist aber nicht getan. Unsere Aufgabe als Gesetzgeber ist es, Prozesse in Gang zu setzen und typische Blockaden - auch und gerade bei den Tarifparteien - überwinden zu helfen, damit diejenigen, denen die kollektive Entgeltfindung übertragen ist, ihren Aufgaben adäquat nachkommen können und nachkommen werden und Frauen die gleichen Entgeltchancen ermöglichen wie den Männern.

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