Rede · 14.12.2005 Erstes Gesetz zur Reform kommunaler Verwaltungsstrukturen

Heute nun legt die Landesregierung ihren Entwurf zum ersten Gesetz zur Reform kommunaler Verwaltungsstrukturen vor – wohin die Reise gehen soll, wissen wir aber immer noch nicht. Die Landesregierung hat sich vorgenommen, die Rahmenbedingungen für die Zusammenlegung von Kommunalverwaltungen zu verbessern, die Einwohnergrenzen für die Bestellung von hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten anzuheben und Genehmigungserfordernisse im kommunalen Haushaltsrecht entfallen zu lassen.

Bei erster Betrachtung klingt das nicht nach viel und bei genauerem Hinsehen, stellt man fest, es ist auch nicht viel! Es bleibt dabei: Es fehlen klare Ziele, klare Strukturen und klare Prozesse für diese so genannte Strukturreform. Das ist - wenn man so will - eine Art Salamitaktik.

Die Zusammenführung von Verwaltungen sollen die Kommunen selber machen, was im Übrigen nach Artikel 28 Absatz 2 des Grundgesetzes auch deren gutes Recht ist.
Eine transparentere Kommunalstruktur bezüglich der Kompetenzen und den Zuständigkeiten kommt auf diese Weise aber nicht dabei heraus.

Es soll freiwillig laufen, aber auch nicht ganz freiwillig; ein bisschen Zwang soll es dann doch sein. Es wird viel im Detail herumdirigiert, ohne dass ein roter Faden erkennbar ist. So kommen weder Bürgernähe noch neue Qualitäten der kommunalen Selbstverwaltung dabei heraus.

Über den Grund der ganzen Reform erfährt das Parlament übrigens überhaupt nichts. Unter „1. Kosten“ steht: „Der Umfang der möglichen Kostenentlastung im kommunalen Bereich ist nicht bestimmbar.“ Auf Deutsch heißt das:  hier, wo nach eigenen Angaben der Landesregierung des „Pudels Kern“ der so genannten Reform liegt, wird nichts Konkretes gesagt. Eventuelle Mehrkosten werden ohne Begründung schlichtweg negiert: Ich zitiere noch einmal den Gesetzentwurf: „Der Vollzug des Gesetzes wird keinen zusätzlichen Verwaltungsaufwand verursachen.“

Und nun ein paar Anmerkungen zum Inhalt des Gesetzentwurfs. Ich will mich nicht damit aufhalten, was der Entwurf alles im Detail zu regeln vorgibt. Ich finde vor allem interessant, was der Entwurf nicht enthält.  - Die Einbindung des zentralörtlichen Prinzips zum Beispiel, das immerhin den Grundpfeiler der Landesplanung darstellt, gehört zu den Sachen, die im Entwurf fehlen. Das zentralörtliche System ist jedoch keine Nebensächlichkeit, die im Nachhinein irgendwie draufgepfropft werden kann.

Es gehört von Anbeginn an zu einer richtigen und handwerklich sauberen Reform der kommunalen Ebene dazu. Ich weiß aus Gesprächen mit Bürgermeistern, dass sie über das Fehlen des zentralörtlichen Prinzips irritiert sind. Dass die Regierung diesen Aspekt derartig vernachlässigt und verschleiert, ist einer der Gründe, weshalb bei einigen Kommunalpolitikern lähmende Ratlosigkeit bzw. ein hektischer Aktionismus herrscht. Beides sind keine guten Voraussetzungen für Veränderungen zum Nutzen des Allgemeinwohls.


Ein weiterer Punkt ist die Anhebung der Einwohnergrenzen für die Bestellung von hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten. Das gleichstellungspolitische „Roll back“ der Landesregierung in diesem Entwurf spricht für sich; die Position des SSW hierzu ist ebenso klar wie bekannt.  – Soll heißen: wir haben kein Verständnis dafür, dass die Landesregierung bei den hauptamtlichen Gleichstellungsbeauftragten von einer Einwohnergrenze von 15.000 ausgeht, bei der Fusion von  Ämtern aber von einer Mindestgrenze von 8.000 Einwohnerinnen und Einwohnern spricht

Zusammengefasst: Die Landesregierung ist in der Klemme: einerseits spürt sie genau, dass neue Strukturen her müssen, um künftigen Entwicklungen begegnen zu können. Andererseits ist sie viel zu ängstlich, um wirklich neue Strukturen, nämlich demokratische, transparente und kompetente Entscheidungsstrukturen vor Ort, einzuführen. Es bleibt daher bei einer Symbolpolitik, die nichts zum Besseren bewegen kann.


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