Rede · Lars Harms · 05.07.2018 Funklöcher stopfen und 5G-Standards einführen

Lars Harms zu TOP 21 - Mobilfunkstandard 5G zügig einführen

„Wir müssen uns um die Einführung des 5G-Standards kümmern und gleichzeitig bestehende Netze ausbauen und Funklöcher abschaffen!“

„Schleswig-Holstein – Land der Funklöcher“ titelte der Schleswig-Holsteinische Zeitungsverlag. Das ist zwar schon ein paar Jahre her, gilt aber nach wie vor. Wer von den Kolleginnen und Kollegen, die so wie ich, regelmäßig im Land herumfahren, kennt das nicht: „Nachrichten können zurzeit nicht abgerufen werden“? Zwischen Nordfriesland und dem Landkreis Schleswig-Flensburg passiert mir das ständig. Das ist ärgerlich. Das kann aber auch zu einem schlimmen Problem werden, wenn nämlich bei einem Unfall die Feuerwehr alarmiert werden muss. Wenn dann 112 nicht funktioniert, können Menschenleben in Gefahr kommen. Es ist alarmierend, wenn der Handyempfang ausfällt.

5G verspricht das Ende der Funklöcher. Genau das benötigt Schleswig-Holstein aber nicht erst in ein paar Jahren, sondern jetzt. Schulen, zum Beispiel auf Eiderstedt, sind noch unzureichend vernetzt. Betriebe klagen über unzureichende Übertragungsraten. Erst müssen diese Probleme gelöst werden. In Finnland erreicht 4G 99,9% der Nutzerinnen und Nutzer. In Skandinavien gibt es kaum Funklöcher, aber in Schleswig-Holstein sind sie zum Beispiel im Zug zwischen Eckernförde und Flensburg traurige Realität.

Die Regierungsfraktionen fordern den Aufbau eines neuen Netzes, obwohl noch nicht einmal das alte flächendeckend funktioniert. Sie schicken einen Lamborghini auf den Feldweg. Vielleicht wollen sie vom Fehlen eines flächendeckenden Netzes ablenken? Oder sich eine bessere Wirklichkeit herbeireden? Oder einfach die bekannte Sau durchs Dorf treiben? Ich kann über die Motive nur spekulieren.

5G verspricht die Verarbeitung großer Datenmengen in Echtzeit, um zum Beispiel Industrieanlagen ferngesteuert zu fahren oder autonome Fahrzeuge auf die Straße zu bringen. Zehnmal schneller und mehr als LTE verspricht uns die Branche. 1,25 Gigabyte pro Sekunde sollen möglich sein. Ein anderer Vorteil: 5G benötigt nicht so viel Strom. Kein Wunder also, dass sich die Wirtschaft vom neuen 5G Standard wirklich viel verspricht. 

Doch ich bleibe skeptisch. Ich möchte das an zwei Problemlagen erläutern:

Erstens: Monopole. Bislang haben wir mit Telekom, Vodafone und Telefónica faktisch nur drei große Netzbetreiber. Deren Lizenzen laufen in zwei Jahren aus und damit auch die Dienstanbieter-Verpflichtung, wonach auch andere Betreiber das Netz nutzen können. Wir wissen jetzt schon, dass nur Telefónica sein Netz noch bis 2025 offenhalten wird. Die anderen werden wohl die Discounter aus dem Netz schmeißen. Ich fürchte, dass wir uns dann auf teure Zeiten einstellen müssen. Denn die bestehenden Netze werden wohl noch einige Jahre genutzt werden müssen. Niemand geht nämlich in Deutschland davon aus, dass bis 2020 auch nur eine annähernde Abdeckung mit 5G erreicht sein könnte.  Ein weiterer Grund, sich um die derzeitigen Netze zu kümmern.

Zweitens. Investitionen. Wer 5G empfangen möchte, muss sich ein neues Handy kaufen, ansonsten bleibt er oder sie außen vor und kann den neuen Standard nicht nutzen. Die Investitionen der Betriebe sind derzeit noch nicht einmal im Ansatz abschätzbar. Viele Experten beurteilen die Folgekosten der Umstellung als krass unterschätzt.

Der SSW kann dem Antrag insoweit zustimmen, dass der neue Mobilfunkstandard viele Standortnachteile in Schleswig-Holstein ausgleichen kann, weil sich mittels 5G das Knowhow in Echtzeit global vernetzten kann. Aber der Wunsch nach dem Aufbau flächendeckender und leistungsstarker 5G-Netze ist angesichts des lückenhaften derzeitigen Netzes eine Farce. Ein Flächenland hat nun einmal andere Strukturen als eine Großstadt wie Hamburg oder Berlin, wo die 5G-Pläne bereits jetzt Gestalt annehmen. Deshalb müssen wir uns um die Einführung des 5G-Standards kümmern und gleichzeitig bestehende Netze ausbauen und Funklöcher abschaffen!

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