Rede · Flemming Meyer (2009–2020) · 18.06.2009 Gesetz zur Anpassung an das Landesverwaltungsgesetz an §113b des Telekommunikationsgesetzes

Mit dieser Änderung des Landesverwaltungsgesetzes soll die Speicherung von Telekommunikationsdaten auch nach schleswig-holsteinischem Landesrecht ermöglicht werden. Was sich im ersten Moment ganz harmlos anhört, bedeutet im Klartext, dass sich damit auch der Kreis derjenigen erweitert, die gegebenenfalls Zugriff auf solche vorrätig gespeicherten Daten haben. Für den SSW ist dies fast noch schlimmer als die Vorratsdatenspeicherung an sich. Denn diese Gesetzesänderung kommt zu einem Zeitpunkt, wo die Entscheidung über die europarechtliche und verfassungsrechtliche Zulässigkeit – oder Nicht-Zulässigkeit – der Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes meines Wissens weiterhin aussteht. Sie kommt als voraus eilender Gehorsam, der schwer zu ertragen ist.

Vor gut einem Jahr verfügte das Bundesverfassungsgericht in einer Eilentscheidung, dass die Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung erheblich eingeschränkt wurden –zum Beispiel, wenn es um Gefahrenabwehr oder um die Aufgabenerfüllung der Nachrichtendienste geht. Dass die Vorratsdatenspeicherung dennoch ein erhebliches Ausmaß hat, belegt der aktuelle Bericht des Landesdatenschutzbeauftragten. Dort nachzulesen ist auch, warum nach Meinung der Landesdatenschutzbeauftragten diese Speicherung von Kommunikationsverkehrsdaten das grundgesetzlich geschützte Fernmeldegeheimnis verletzt. Zum einen haben wir es mit Eingriffen zu tun, die die Grundrechte vieler Menschen betreffen, da jeder Telekommunikationsteilnehmer erfasst wird. Zum anderen geschieht alles dies ohne konkreten Anlass. Dr. Weichert spricht davon, dass die Schwellen für die Nutzung der Daten viel zu niedrig sind, weil es laut Gesetz möglich sein soll, die gespeicherten Daten für die Verfolgung sämtlicher Straftaten zu nutzen, die mittels Telekommunikation begangen werden. Als Beispiel führt er an, dass es sich dabei auch um eine Bagatellstraftat wie eine Beleidigung handeln könnte. Damit gehen die deutschen Bestimmungen über die Vorgaben der EU hinaus – als sei die Richtlinie der EU-Kommission nicht sowieso schon eine Zumutung.


Grund genug, sich daran zu erinnern, dass das Landesverwaltungsgesetz in seiner jetzigen Fassung schon Regelungen zur Datenerhebung enthält. – Soll heißen: Das Landesverwaltungsgesetz nennt in seiner aktuellen Fassung die Bedingungen, nach der die Polizei personenbezogene Daten erheben kann. Es geht um die Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person. Die angeführten personenbezogenen Daten werden nur erhoben, wenn dieses zur Aufklärung des Sachverhalts unerlässlich ist.
Diese Bedingungen sind nachvollziehbar und schränken staatliche Eingriffe auf ein Minimum ein. Daher sage ich für den SSW: An dieser klaren Formulierung sollten wir festhalten und keinesfalls die Formulierung des Telekommunikationsgesetzes übernehmen. Wir sollten nicht einer Praxis Tür und Tor öffnen, die dazu führt, dass potenziell alle persönlichen Daten gesammelt werden - ohne Anlass und ohne konkreten Grund.

Daten werden bereits jetzt in vielen Betrieben und Behörden so gehandhabt, als ob es gar kein Grundrecht auf das Fernmeldegeheimnis gäbe. Das ULD listet im aktuellen 31. Bericht einen konkreten Verstoß und drei übliche Verfahren auf, die zur Verletzung des Fernmeldegeheimnisses führen. Dass einige Ermittler gar nicht mehr das Telekommunikationsgesetz bemühen, sondern eine einfache Beschlagnahme des Rechners verfügen, um an E-Mails zu gelangen, macht umso deutlicher, wohin wir uns bewegen.
Und daher noch einmal ganz grundsätzlich: Die Vorratsdatenspeicherung greift unverhältnismäßig in die persönliche Privatsphäre ein. Sie ist teuer und belastet Wirtschaft und Verbraucher. Hinzu kommt, dass es bisher keine Belege dafür gibt, dass Vorratsdatenspeicherung Terrorismus und Kriminalität verhindert. Sie ist also unnötig und kann von Kriminellen leicht umgangen werden, Die Vorratsdatenspeicherung beeinträchtigt berufliche Aktivitäten ebenso wie politische und unternehmerische Aktivitäten, die Vertraulichkeit voraussetzen. Dadurch schadet sie letztlich unserer freiheitlichen Gesellschaft insgesamt.

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