Rede · Lars Harms · 26.01.2024 Gewaltprävention bleibt der beste Weg

„Präventionsarbeit wird ein dauerhafter Auftrag an unsere Gesellschaft und Institutionen bleiben.“

Lars Harms am Meer

Lars Harms zu TOP 29 - Bericht zur Umsetzung der Brokstedt Beschlüsse (Drs. 20/1794)

Der Messerangriff von Brokstedt am 25.01.2023 ist nun ein Jahr her. Wir haben gestern gemeinsam der Opfer gedacht. Zwei junge Menschen sind gestorben, Ann-Marie und Danny. Vier weitere Menschen wurden schwer verletzt. Viele weitere waren ebenfalls im Zugabteil und haben die Tat miterlebt. Ihnen allen und ihren Angehörigen gilt mein Mitgefühl. Einige von ihnen haben den Täter aufgehalten und festgehalten und so verhindert, dass er noch mehr Menschen Schaden zufügen konnte. Ihnen gilt mein Dank. 

Ich habe im März letzten Jahres, zwei Monate nach der Tat, drei Überlegungen allen weiteren Schlussfolgerungen vorangestellt. 
Erstens, dass wir mehrere Schwachpunkte der Behörden feststellen mussten. Zweitens, dass Taten wie diese niemals ganz ausgeschlossen werden können. 
Und drittens, dass wir uns trotzdem bemühen müssen, die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger zu verbessern und dass womöglich der damalige 10-Punkte-Plan zur Reduzierung des Risikos solcher Taten beitragen könnte. 

Ich habe damals nicht erwartet, dass sich jeder dieser Punkte nach punktgenau einem Jahr als erledigt abhaken lassen würde. Wie soll das auch gehen? 
Präventionsarbeit wird ein dauerhafter Auftrag an unsere Gesellschaft und Institutionen bleiben. 
Und deswegen werden wir uns unter anderem weiter anschauen müssen, wie die Zusammenarbeit unserer Behörden verbessert werden kann. 

Für mich wurde das besonders deutlich, als ich zusammenzählte, wie viele Behörden mit unterschiedlichen Datensätzen mit dem Täter von Brokstedt befasst waren. Sieben waren es insgesamt und keine von ihnen hatte wirklich alle Informationen beieinander. 
Deswegen glaube auch ich, dass es klüger wäre, in diesen Fällen die Kompetenzen zu bündeln. 
Auch ich bin der Auffassung, dass Hamburg es da, wo es ein Ausweisungsinteresse gibt, um Verbrechen zu verhindern, mit „Geras“ richtig macht. 
Letztlich geht es da am Ende auch irgendwann um Abschiebungsverfahren. Ich weiß auch, da gibt es in vielen Fällen keine einfachen Lösungen. Weder rechtlich, noch moralisch, noch in der Umsetzung. Ich habe sehr wohl auch die Bemühungen von Ministerin Sütterlin-Waack um ein Punktesystem im Sinne einer Einheitlichkeit in der Bewertung zwischen den Bundesländern wahrgenommen. 
Deswegen, bei aller auch berechtigten Kritik am sogenannten „Rückführungsverbesserungsgesetz", das der Bundestag gerade beschlossen hat, glaube ich, ist es richtig, dass insbesondere Intensivstraftäter und sogenannte Gefährder hier in den Blick genommen worden sind. Ich persönlich hätte mir da noch passgenauere Formulierungen auch im Sinne der ausführenden Behörden gewünscht, aber ich erkenne auch an, ich was für einem schwierigen Feld man sich da bewegt. 

Vor allem aber unterstützen wir als SSW es, dass wir nun in Schleswig-Holstein mit den neuen Gewaltspräventionsambulanzen Anlauf- und Koordinierungsstellen für diejenigen Menschen bekommen, die zu Gewalt neigen und keine Täter werden wollen. Wohnungslosigkeit, Drogenkonsum, Geldprobleme und auch ein ungeklärter Aufenthaltsstatus sind Risikofaktoren.  Denn dabei gibt es immer wieder Fälle, in denen Menschen durch die Raster bestehender Unterstützungsprogramme fallen. Gerade mit Blick auf das Übergangsmanagements aus dem Justiz- und Maßregelvollzug macht es womöglich Sinn, hier noch viel genauer hinzugucken. Die Gewaltpräventionsambulanzen sind vorerst nicht der größte Schritt, aber sie sind ein Schritt in die richtige Richtung.  
Diese Hilfsangebote müssen in Zukunft weiter ausgebaut werden. Und auch dem Thema Wohnungslosigkeit werden wir uns auch in Schleswig-Holstein mehr widmen müssen. Auch und gerade nach einer Haftstrafe darf es nicht passieren, dass Menschen in der Wohnungslosigkeit landen und sich somit auch Präventionsstrategien entziehen, ob gewollt oder ungewollt. 

Mein Eindruck war bisher, dass die beteiligten Landesministerien hier ernsthaft an Verbesserungen an den kritisierten Stellen interessiert sind und sich auch auf Bundesebene in diesem Sinne einsetzen. Wir als SSW verstehen das weiterhin als einen Dauerauftrag für die Zukunft. Gewaltprävention bleibt der beste Weg.  

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