Rede · 29.02.2008 Gleiche Rechte, gleiche Pflichten – Ungleichbehandlung von in einer Lebenspartnerschaft lebenden Beamten



Sicherlich war eines der wichtigen Reformvorhaben der rot-grünen Bundesregierung das Lebenspartnerschaftsgesetz aus dem Jahr 2001, das dazu beitragen sollte, die Diskriminierung von gleichgeschlechtlichen Lebensweisen ein für alle Mal zu beenden. Nach einer wahren Euphorie in Sachen Lebenspartnerschaft zeigen sich jedoch viele Probleme im Detail: beim Steuerrecht, im Erbschaftsrecht und auch im Kindschaftsrecht. Konservative Politiker blockieren, wo sie nur können, die Gleichbehandlung von Lebenspartnerschaft und Ehe, zuletzt im Bundesrat mit ihrem Nein zur Gleichbehandlung im Steuerrecht.

Dieser Stillstand wirft Deutschland zurück. Inzwischen haben Spanien, Belgien und die Niederlande Gesetze, die die Lebenspartnerschaften zu 100 Prozent mit der Ehe gleichstellen und damit Deutschlands einstigen Fortschritt aufgeholt haben. In diesen Ländern zählt die Lebenspartnerschaft als Ehe, mit allen Pflichten, aber auch allen Rechten. Das ist der einzig richtige Weg.

In Deutschland haben wir dagegen allein in Beamtenrecht einen wahren Flickenteppich, was die Behandlung der Beamten in den einzelnen Bundesländern betrifft. Vorbild ist sicherlich Bremen, wo seit Dezember beim Familienzuschlag und der Beamtenversorgung eine rechtliche Gleichstellung der „verpartnerten“ Beamten mit ihren verheirateten Kollegen erwirkt wurde. Bei der Beihilfe sind es sechs Bundesländern, die Gleichbehandlung gewähren, beim Trennungsgeld bzw. der Reisekosten- und Umzugsvergütung acht, beim Sonderurlaub sieben und im Laufbahnrecht sechs Bundesländer, die gleich behandeln; bei den letztgenannten ist Schleswig-Holstein immer dabei. – Soll heißen: Diesen Weg müssen wir weitergehen und auch die Beamtenversorgung modernisieren. Nach geltendem Beamtenversorgungsrecht stehen dem eingetragenen Lebenspartner eines Ruhestandsbeamten nach dessen Tod nämlich keine Versorgungsleistungen zu.

Die Definition von Ehe muss also dringend modernisiert werden, denn die grundgesetzliche Privilegierung der Ehe muss immer als Begründung für die weitere Diskriminierung der Lebenspartnerschaften herhalten.
Die Bedeutung der Ehe und die sie betreffenden Rahmenbedingungen sind aber nicht vom Himmel gefallen, sondern von gesellschaftlichen und kulturellen Vorstellungen abhängig. Wir sollten daher Ehe als das verstehen, wie sie in der Gesellschaft gelebt wird: als Vertrag zwischen zwei erwachsenen Menschen. Damit unterschiedet sie nicht zwischen einer gleichgeschlechtlichen und einer gemischtgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft. Die Versorgung von Kindern ist von der Lebenspartnerschaft bzw. Ehe zu unterscheiden. Sobald Kinder ins Spiel kommen, gibt es einen erheblichen Unterschied. Aber, das möchte ich ausdrücklich betonen, erst dann.

Die Menschen spüren mit anderen Worten, dass der Politik der Atem ausgegangen ist in Sachen Gleichstellung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Der SSW fordert daher die Landesregierung auf, dem Beispiel Bremens zu folgen und die Beamtenversorgung für verheiratete und verpartnerte Beamte gleich zu regeln. In der EU-Richtlinie aus dem Jahr 2000 heißt es: Die Gleichheit aller Menschen vor dem Gesetz und der Schutz vor Diskriminierung ist ein allgemeines Menschenrecht.“ Die Ungleichbehandlung von verheirateten und verpartnerten Beamten ist ohne Zweifel eine Diskriminierung und darum schleunigst zu beenden.

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