Rede · 15.11.2002 Grenzüberschreitende Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen

Als einem vor einigen Jahren die Notarztwagen aus Flensburg plötzlich auch in Padborg begegneten, war es noch ein seltsames Gefühl. Mittlerweile ist es Alltag: Die Flensburg Feuerwehr fährt mit Blaulicht durch die dänische Grenzstadt. Heute sind die rot-weißen deutschen Rettungswagen wohl das sicht­barste Beispiel für pragmatische Zusammenarbeit bei der Krankenversorgung im Grenzland.

Auch in der klinischen Behandlung von Kranken haben wir mittlerweile gute Erfahrungen gemacht. Die Beispiele lassen sich bisher immer noch an wenig Fingern abzählen, aber die wichtigen ersten Erfahrungen sind vielfach schon gemacht worden. Stichworte sind hier die Behandlung dänischer Patienten in Flensburg, Kiel, Damp und Bad Bramstedt oder die norwegische Patientenbrücke. Diese Behandlun­gen an Krankenhäusern im Land, die durch andere Staaten finanziert werden, sind für Schles­wig-Holstein zuerst unter einem wirtschaftspolitischen Aspekt aktuell. Die Landesregierung hat hier gemeinsam mit der Krankenhausgesellschaft vieles getan, um die wirtschaftlichen Interessen der heimischen Krankenhäuser im Ostseeraum zu vertreten. Der Sozialausschuss war vor wenigen Wochen erst in Begleitung von Krankenhausgesellschaft und Krankenkassen in Oslo und hat diese Kontakte weiter vertieft.

Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit hat aber auch gesundheitspolitische Aspekte. Mittlerweile geht es schon nicht mehr nur darum, dass unsere skandinavischen Nachbarn ihre Wartelisten abbauen, in dem sie ganz bestimmte Operationen oder Behandlungen einkaufen. Heute wird auch ganz konkret über eine Zusammenarbeit über die Grenze hinweg gesprochen. So führt die Stadt Flensburg gegenwär­tig Gespräche mit Sønderjyllands Amt über gemeinsame Projekte in der Gesundheitsversorgung. Au­ßerdem hat der SSW in Flensburg die Initiative zur Planung von grenzüberschreitenden Projekten der vorbeugenden Gesundheitsförderung ergriffen. Diese Initiative unter dem Stichwort „Gesunde Stadt“ wird von den anderen Flensburger Fraktionen unterstützt. Wir erwarten, dass die Landesregierung diese ersten grenzüberschreitenden Schritte in der Gesundheitspolitik positiv begleiten und fördern wird.

Es geschieht also schon einiges, aber alles steckt noch in den Kinderschuhen. Deshalb lassen sich wohl auch nicht immer Erfahrungen vermeiden, wie am Krankenhaus Flensburg, wo die verstärkte Inanspruchnahme der strahlentherapeutischen Einrichtungen zu Engpässen für Patientinnen und Patienten aus Schleswig-Holstein geführt hat. Das Problem ist durch einen zweiten Linearbeschleuniger wie­der behoben worden, aber wir stimmen der Landesregierung zu: Die Sicherstellung der Versorgung der Bevölkerung im Land muss Vorrang haben.

Eine theoretische Möglichkeit solche Probleme zu verhindern ist natürlich eine grenzüberschreitende Planung im Gesundheitswesen, wie sie die Landesregierung anstrebt. Wir halten so etwas allerdings für unwahrscheinlich. Die ganz unterschiedlichen Systeme der Versorgung und Finanzierung von Gesundheitsleistungen nördlich und südlich der Grenze lassen so etwas gegenwärtig unrealistisch erscheinen. Zudem ist es gerade ein Kennzeichen der dänischen Position in der grenzüberschreitenden Zusam­menarbeit, dass unsere nördlichen Nachbarn nicht die Zusammenarbeit wegen der Zusammenarbeit wählen, sondern aufgrund von pragmatischen, handfesten Vorteilen in klar umrissenen Bereichen. Deshalb wird es wohl auch zukünftig eher um Zusammenarbeit in Bezug auf konkrete Probleme als um eine umfassende Planung von Gesundheitsdienstleistungen gehen.

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