Rede · 28.05.2008 Jugendfreiwilligendienste
Jugendfreiwilligendienste sind ein guter Weg für junge Menschen zwischen 16 und 26, ihre Beschäftigungsmöglichkeiten zu verbessern und gleichzeitig einen Dienst an der Gesellschaft zu leisten. Schleswig-Holstein ist mit seinen Angeboten im Freiwilligen ökologischen Jahr Vorreiter für einen aktiven Naturschutz durch Freiwillige geworden. Aus ganz Deutschland zieht es junge Erwachsene an unsere Küsten, wo ihnen einiges abverlangt wird und sie ordentlich zupacken müssen. Sie erarbeiten sich im wahrsten Sinne des Wortes die Natur und behalten lebenslang einen Respekt vor ihr.
In den letzten Jahren haben die Träger unter großen Anstrengungen die Zahl der Plätze konstant halten können. Ich betrachte das als einen Erfolg dieses attraktiven Angebotes. Die Ergänzung des Dienstes im kulturellen Bereich, also beispielsweise in den Museen des Landes, gehört für den SSW zur folgerichtigen Weiterentwicklung eines ganzheitlichen Konzeptes.
Für uns ist auf der anderen Seite auch klar, was die Freiwilligendienste auf keinen Fall sind: Sie sind weder eine Überbrückung zwischen zwei Ausbildungsgängen, noch sollten sie reguläre Fachkräfte ersetzen. Seminare und begleitende fachliche Unterstützung im Jahr sollten ausschließlich der Bildungsfähigkeit dienen und den jungen Freiwilligen die Möglichkeit zur Bewährung geben.
Der SSW begrüßt daher ausdrücklich, dass die Zielsetzung der Freiwilligendienste eindeutig und klar gesetzlich geregelt werden soll. Der qualifizierenden Seite der Freiwilligendienste kommt angesichts kürzerer Schul- und Studienzeiten eine immer größere Bedeutung zu; schließlich möchte sich kein angehender Bewerber nachsagen lassen, er oder sie habe ein ganzes Jahr verbummelt. In Baden-Württemberg ist man sogar noch einen Schritt weiter gegangen: dort gibt es mit dem FSJ plus für Hauptschüler die Möglichkeit, neben der freiwilligen Tätigkeit im Lauf von zwei Jahren auch den Realschulabschluss nachzuholen. Ich denke, dass wir in diese Richtung auch in Schleswig-Holstein Angebote entwickeln könnten.
Der SSW fordert deutlich bessere Verdienstmöglichkeiten für die Freiwilligen. Viele Träger bieten neben kostenloser Verpflegung und Unterkunft lediglich ein Taschengeld zwischen100 bis 200 Euro an. Das ist zu wenig. Diejenigen, die solche Bedingungen akzeptieren, müssen sich auf ergänzende Unterstützung aus der Familie verlassen können, um sich Anschaffungen des täglichen Bedarfs leisten zu können. Jugendliche und junge Erwachsene aus sozial schwächeren Familien bleibt angesichts dieses nicht-existenzsichernden Taschengeldes die Teilnahme an Freiwilligendiensten versperrt. Sie können sich einen Freiwilligendienst einfach nicht leisten. In Hamburg fand sich 2007 nur ein Hauptschüler im Programm für das Freiwillige ökologische Jahr.
Ich kenne keine Zahlen aus Schleswig-Holstein; befürchte aber, dass es bei uns nicht anders aussieht; dass die Freiwilligendienste ein Programm für junge Erwachsene aus der Mittelschicht sind. Das ist mehr als ärgerlich; das ist ein Webfehler im System. Die Schieflage sollten wir angehen und das FSJ und FÖJ speziell gerade auch für Jugendlichen aus sozial schwächeren Familien öffnen und auch die Durchlässigkeit für Jugendliche erhöhen, die einen Hauptschul- oder Realschulabschluss haben.