Rede · 10.10.2002 Keine Steuererhöhungen

Die Debatte über Steuererhöhungen hat ja nach der Bundestagswahl zu großer Aufregung geführt. Und richtig ist es ja auch, dass dieses - außer in Schleswig-Holstein - leider kein Thema im Wahlkampf war. Denn sowohl die Mehrheit des Landtages als auch die Ministerpräsidentin haben sich schon im Sommer für die Wiedereinführung der Vermögens- und Erbschaftsteuer eingesetzt. Dazu steht auch der SSW.

Die aktuelle Debatte, die jetzt von den Ministerpräsidenten in Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen angestoßen worden ist, hätte man also auch im Bundestagswahlkampf führen müssen und können. Denn die entscheidende Frage ist doch: Wie finanzieren wir in Zukunft unseren Sozialstaat. Wie finanzieren wir die Bildung, die Rente oder das Gesundheitssystem?

In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass der SSW in seiner Erklärung zur Bundestagswahl die leichtsinnigen und massiven Steuersenkungsversprechungen einiger Parteien entschieden zurückgewiesen hat. Was besonders die FDP und auch die CDU an Steuersenkungen in ihren Bundestagswahlprogrammen hatten, war im „wahrsten“ Sinne des Wortes unbezahlbar und auch unredlich, weil eben unrealistisch. Wir kennen alle die Situation der öffentlichen Kassen insbesondere in den Ländern und Kommunen. Wer in einer solchen Situation mit zwei- bis dreistelligen Milliarden-Beträgen operiert, der ist nicht glaubwürdig.

Natürlich muss man in einer konjunkturellen schlechten Phase - wie wir sie zur Zeit haben - aufpas-sen, wenn man Steuererhöhungen durchführen will. Es ist klar, dass man zur Zeit zum Beispiel nicht die Verbrauchssteuern erhöhen sollte. Denn dadurch würde der Konsum noch weiter sinken und somit das Steueraufkommen nicht wie erhofft steigen. Also Steuererhöhungen, die die Konjunktur unmittelbar belasten, lehnt auch der SSW ab.

Aber dennoch muss es nicht nur erlaubt sein, sondern es ist aus gesellschaftlicher Sicht geradezu notwendig über Steuererhöhungen, die zur Steuergerechtigkeit beitragen, nachzudenken. Denn ich Frage Sie meine Damen und Herren von der CDU und FDP: Ist es gerecht und sinnvoll, dass normale Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit der Lohnsteuer den weitaus größten Teil des Steu-eraufkommens in Deutschland erbringen, während – wie wir ja alle wissen – viele der großen in Deutschland angesiedelten multinationalen Konzerne kaum oder gar nicht Steuern zahlen?

Herr Stoiber war im Wahlkampf jedenfalls der Ansicht, dass dieses nicht in Ordnung war. Also muss man jetzt doch zumindest wieder eine Änderung der Körperschaftssteuer anstreben, die dazu führt, dass das Aufkommen dieser Steuer wieder positiv wird. Das hat der Landtag auch gefordert.

Die Wiedereinführung einer Vermögenssteuer oder die Änderung der Erbschaftssteuer sind aus meiner Sicht ebenfalls auf der Agenda. Dabei ist es wichtig, sich vor Augen zu halten, dass Deutschland in diesen Steuerbereichen im internationalen Vergleich unterdurchschnittliche Einnahmen hat. Die Vermögenssteuer gibt es gar nicht und die Erbschaftsteuer ist relativ gering. Hier müssen wir zumindest auf europäischem Niveau ankommen. Da gerade diese Steuerarten fast ausschließlich den Ländern zugute kommen, kann man nur hoffen, dass auch die unionsgeführten Länder sich am Ende für die SPD-Initiative entscheiden werden. Wie in aller Welt sollen wir sonst die notwendigen Investitionen im Bildungsbereich finanzieren können? Denn das Ende der Sparlatte ist längst erreicht.

Dazu kommt, dass es sicherlich viele Steuerschlupflöcher gibt, die endlich geschlossen werden müssen. Zum Beispiel ist es bei der Ökosteuer eigentlich nicht einzusehen, dass gerade die energie-intensiven Betriebe nicht im vollen Umfang mit dieser Steuer belastet werden. Diese Steuerbefreiung muss auch aus umweltpolitischer Sicht geändert werden. Dazu kommt, dass die Mehreinnahmen zur Rentensicherheit beitragen und damit das deutsche Sozialversicherungssystem stabilisieren werden. Natürlich sind Steuererhöhungen kein Allheilmittel. Aber von vornherein jegliche Steuererhöhung auszuschließen, ist eine politische Begrenzung, die der SSW entschieden ablehnt.

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