Rede · Lars Harms · 19.06.2014 Kieler Woche zur Völkerverständigung nutzen
„Die Kieler Woche wird wegen der Ausladung keineswegs seinen Charakter als Fest der Völkerverständigung verlieren.“
Die Kieler Woche ist gelebte Völkerfreundschaft. Auch ohne die Beteiligung der russischen Fregatte. Menschen aus vielen Ländern treffen sich, stellen sich dem sportlichen Wettkampf oder feiern zusammen an der Förde. Genau das macht Völkerfreundschaft aus. Darum treffen weder die Überschrift noch der letzte Satz des Antrages zu. Beide stellen nämlich in Abrede, dass die Kieler Woche auch in diesem Jahr der Völkerverständigung dienen wird. Doch genau das tut sie! Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich um Augenmaß bitten. Die Ausladung der russischen Fregatte bedeutet nicht, dass überhaupt keine Gespräche mit Russinnen und Russen auf der Kieler Woche stattfinden. Die Gespräche sind sogar ein fester Programmpunkt, den wir auf der Parlamentarierreise nach Kaliningrad im Mai noch einmal bestätigt bekamen. Diese Gespräche sind gute Tradition im Ostseeraum.
Seit Egon Bahrs Idee einer Neuen Hanse und der Wiederbelebung des kulturellen Austauschs in der Ostsee durch die Regierung unter Führung von Björn Engholm, künden zahlreiche kleine und große Kooperationsprojekte von dem guten nachbarschaftlichen Miteinander. Ich nenne hier nur die JazzBaltica, die Nordischen Filmtage, FolkBaltica. Es gibt noch viele andere Projekte. Diese kulturelle Zusammenarbeit machte die Ostsee wieder zu dem, was sie jahrhundertlang gewesen war: ein europäisches Binnenmeer, an dessen Küsten die Ideen nur so sprudeln – und ausgetauscht werden. Man redet miteinander und macht gemeinsam Musik, spielt Theater - und tut das alles, ungeachtet von Grenzen und Sprachen. So erlebe ich selbst die Arbeit in den entsprechenden parlamentarischen Gremien. Die Kultur bannt Wege und baut Brücken, auf denen wirtschaftliche Kooperationen mit einiger Verzögerung folgen.
Diese Strategie war zunächst umstritten und von einigen belächelt, die fürchteten, dass sich Schleswig-Holstein überheben würde; inzwischen hat sich diese Strategie aber allgemein durchgesetzt. Es war richtig, Kaliningrad und das damalige Leningrad frühzeitig in das Netz einzuknüpfen. Das war zu einer Zeit, als man abseits der Ostsee jeglichen Kontakt mit Russland sehr skeptisch gegenüberstand. Um die guten Kontakte gerade in diese Städte beneiden uns inzwischen Viele. Die Kontakte haben die Region insgesamt stabilisiert und Vorurteile abgebaut. Das alles ließ uns enger zusammenrücken. Wir haben den Grundstein gelegt für eine dauerhafte Kooperation.
Warum der Blick zurück? Weil ich daran erinnern möchte, wie das starke Band um die Ostsee gewachsen ist und dass es einiges aushalten kann.
Das gilt auch für die Entscheidung des deutschen Außenministeriums, der russischen Fregatte keine Einlaufgenehmigung zur Kieler Woche zu erteilen. Diese Entscheidung hängt mit den Sanktionen der Europäischen Union zusammen, die gemeinsam im Zuge der Ukraine-Krise verabredet wurden.
Die Kieler Woche wird wegen der Ausladung keineswegs seinen Charakter als Fest der Völkerverständigung verlieren. Seitdem 1973 erstmals offizielle Vertreter aus allen Staaten rund um die Ostsee zur Kieler Woche kamen, wie der offiziellen Chronik zu entnehmen ist, ist die Kiel einmal im Jahr Gastgeber der Ostsee. Das wird die Stadt an der Förde bleiben – und wird es sicherlich auch in den nächsten Jahren wieder für alle Ostseeanrainer werden. Davon bin ich überzeugt.
Ich habe eben vollstes Vertrauen in die Haltbarkeit der Verbindungen entlang der Ostsee.