Rede · Jette Waldinger-Thiering · 19.02.2015 Kulturelle Bildung in der Schule

„Wir wollen die Vernetzung der Kulturschaffenden mit den Schulen“

Wer die Worte Schule und Kultur in die Internetsuchmaschinen eingibt, liest sich schnell fest. Inzwischen gibt es nämlich viele interessante Angebote, in der sich Schule und Kulturschaffende vernetzen, um Teilhabechancen von Schülerinnen und Schülern an Kultur zu verbessern. Die Ergebnisse dieser Projekte machen neugierig und sind ausgesprochen interessant. Da gibt es viel Neues zu entdecken. Bei der Recherche habe ich aber auch gemerkt, dass Schleswig-Holstein bei der Treffersuche eher in den hinteren Rängen zu finden ist. Das bedeutet allerdings nicht, dass wir in Schleswig-Holstein Kulturelle Bildung in der Schule vernachlässigen. Tatsächlich gibt es neben dem Fachunterricht viele gute kulturelle Angebote – und zwar in allen Schulformen. Kulturelle Erfahrungen gehören zu den Basisangeboten in der Schule, die gerade Kindern aus bildungsfernen Schichten Türen öffnet. Aber im Großen und Ganzen haben wir es in unserem Land mit einem bildungspolitischen Flickenteppich zu tun, dessen Angebot stark von Einzelpersönlichkeiten geprägt ist. Darum ist die nachhaltige kulturelle Arbeit an jeder Schule das erklärte Ziel der Koalition. 

Jedes Kind hat schließlich kreative Potenziale und drückt sich mittels Pinsel und Farbe aus oder verarbeitet Eindrücke durch Theater oder Pantomime. Kinder verkümmern ohne Kultur, weil damit ein Teil ihrer Persönlichkeit unterentwickelt bleibt. Ein Beispiel: Melodien und Rhythmen wirken auf die gleichen Regionen des Gehirns, wo auch Gefühle wie Freud, Trauer und Sehnsucht verarbeitet werden. Ich weiß, dass einige Eltern einer ausgefallenen Musikstunde keine Träne nachweinen, dabei ist sie für die Persönlichkeitsentwicklung des Kindes von grundlegender Bedeutung, ebenso wie Mathe, Englisch oder Physik. Zwischen Mathe und Musik besteht sogar ein wissenschaftlich belegter Zusammenhang.

Kulturelle Bildung ist auf die Durchlässigkeit des Systems Schule angewiesen. An einem Beispiel wird das sicherlich deutlich: Das Emil-Nolde Museum in Seebüll hat in den letzten Jahren entscheidende Erkenntnisse durch neue Angebote der kulturellen Vermittlung gewonnen. Mit der Malschule hat das Museum Kindern im Kindergarten- und Schulalter im wahrsten Sinne des Wortes Türen geöffnet. Von diesen Erfahrungen könnten die Schulen bei entsprechenden Projektmitteln hervorragend profitieren; schließlich kann kulturelle Bildung nur gelingen, wenn Akteure aus der Schule und Kulturakteure außerhalb gemeinsam ihre Kompetenzen einbringen.

An dieser Stelle möchte ich meinen Dank an die Mercator-Stiftung richten, die sich im Bereich der kulturellen Bildung in Schleswig-Holstein engagiert; und zwar mit einer halben Million Euro in den nächsten drei Jahren. Die Stiftung bringt dabei Erfahrungen mit ein, die mit ähnlichen Projekten auch in Niedersachen oder Brandenburg gemacht werden. Wir sollten diese Strukturen nutzen, weil im Bereich kultureller Bildung der Blick über den Tellerrand einfach dazugehört. 

Die Landesregierung und hier insbesondere Kulturministerin Anke Spoorendonk hat die Verpflichtung, die sich die Koalitionsparteien im Koalitionsvertrag gegeben haben, ernst genommen und das Jahr der kulturellen Bildung mit Leben erfüllt. Ich möchte noch einmal darauf hinweisen, dass der kulturellen Bildung ausdrücklich eine Priorität eingeräumt wurde. 

Nun werden wir das Projekt „Kultur trifft Schule – Schule trifft Kultur“ in den nächsten drei Jahren umsetzen. 

Dabei wollen wir Lehrerinnen und Lehrer, Künstlerinnen und Künstler sowie Kulturschaffende als Netzwerker für Kultur gewinnen und sie landesweit in Regionalgruppen ansiedeln. Sie sollen Projekte im Bereich der kulturellen Bildung unterstützen und untereinander Informationen netzwerkartig austauschen. Genau dieses Netzwerkwissen brauchen andere Lehrkräfte; gerade in einem Flächenland wie Schleswig-Holstein. Es ist schade, dass die CDU derartige Vernetzungen diffamiert. Ich zitiere aus der Pressemitteilung: „Es reicht nicht, an runden Tischen mit Kulturschaffenden und -interessierten, Verbänden, Politik und Verwaltung über deren Situation zu reden.“, schreibt Peter Sönnichsen letzten Oktober. Nein, natürlich reicht das nicht, daher wollen wir ja die Vernetzung der Kulturschaffenden mit den Schulen. 

Bedauerlicherweise hat sich die CDU-Fraktion derart eine Haltung als Fundamentalopposition verschanzt, dass ein gemeinsamer Antrag nicht möglich war. Dabei bin ich davon überzeugt, dass wir doch in die gleiche Richtung wollen.

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