Rede · 01.07.2011 Mehr Zeit für Pflege und Förderung der beruflichen Weiterbildung im Bereich der Altenpflege finanziell sichern

Ich denke, wir alle sind uns mittlerweile der großen Herausforderung in der Zukunft der Pflege bewusst. Die Prognosen zur Entwicklung des Pflegebedarfs und zur Entwicklung der Anzahl Erwerbsfähiger in den nächsten Jahren und Jahrzehnten sind hinlänglich bekannt: Immer weniger Menschen im arbeitsfähigen Alter müssen in Zukunft eine immer größere Anzahl von Pflegebedürftigen versorgen. Für den SSW ist deshalb eines völlig eindeutig: Wenn es uns nicht bald gelingt, das Tempo bei der Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze und bei der Schaffung attraktiverer Arbeitbedingungen deutlich zu erhöhen, steuern wir hier auf eine Katastrophe zu. Es passiert ganz einfach viel zu wenig, um dem schon heute steigenden Bedarf gerecht zu werden. Die Anträge der SPD, die die beruflichen Weiterbildungen finanziell sichern und den bürokratischen Aufwand innerhalb des Pflegeberufs verringern wollen, können wir deshalb voll und ganz unterstützen.

Wir sind ganz klar der Auffassung, dass alles getan werden muss, um den drohenden Pflegenotstand zu verhindern. Schon heute kommt aber in der Altenpflege nur ein potentieller ausgebildeter Bewerber auf drei offene Stellen. Eine aktuelle Studie kommt zu dem Ergebnis, dass wir in Deutschland bereits am Ende des Jahres insgesamt rund 970.000 Pflegekräfte benötigen. Leider werden viele dieser Stellen unbesetzt bleiben. Aus diesem Grund muss die Politik alle Möglichkeiten nutzen, um jungen wie alten Menschen Anreize dafür zu geben, als Pflegefachkraft zu arbeiten.

Eine sehr sinnvolle Maßnahme hat die SPD in Ihrem Antrag zur finanziellen Förderung der beruflichen Weiterbildung im Altenpflegebereich erneut aufgegriffen. Selbstverständlich müssen Umschulungen in diesem Berufsfeld nach dem SGB III über den gesamten Ausbildungszeitraum finanziell gesichert sein. Denn wenn der Träger oder der Auszubildende für das letzte Drittel der Umschulung selbst aufkommen muss, steigert das ganz sicher nicht die Attraktivität. Wir halten es für das Mindeste, dass die entsprechende Entschließung des Bundesrats schnell durch die Bundesregierung umgesetzt wird. Darauf wollte die Landesregierung im Übrigen schon im vergangenen September hinwirken, als SSW, SPD und Grüne einen gemeinsamen Antrag in dieser Sache einbringen wollten. Es ist beschämend, dass wir hier bis heute keinen nennenswerten Schritt weiter gekommen sind.

Doch wir dürfen uns nichts vormachen: Allein die finanzielle Absicherung von Umschulungen in Pflegeberufen wird nicht reichen, um das Problem zu lösen. Wir müssen endlich dafür sorgen, dass sich vor allem die Arbeitsbedingungen in diesem Berufsfeld verbessern. Damit erzähle ich ganz sicher nichts Neues. Wer regelmäßig in einer Pflegeeinrichtung ein- und ausgeht wird feststellen, dass die Fluktuation beim Personal enorm hoch ist. Wir müssen uns aber bewusst machen, dass die Verbesserung der Arbeitsbedingungen - und die damit verbundene längere Verweildauer in diesen Berufen - erheblich zur Entschärfung des Fachkräftemangels beiträgt.
Hierzu zählt selbstverständlich auch die Reduzierung des bürokratischen Aufwands. Ein Großteil der Pflegenden wählt den Beruf deshalb, weil sie mit Menschen arbeiten und ihnen helfen wollen. Heute verbringen Pflegefachkräfte leider oft mehr als ein Drittel ihrer Arbeitszeit damit, die einzelnen Arbeitsschritte zu dokumentieren. Ohne dieses System grundsätzlich anzweifeln zu wollen, muss doch die Frage erlaubt sein, ob ein solcher dokumentarischer Aufwand wirklich nötig ist. Denn gerade der Umstand, nicht in dem Umfang für die Pflegebedürftigen da sein zu können, wie es der eigene Anspruch ist, lässt viele Pflegefachkräfte verzweifeln. Eine Verringerung des dokumentarischen Aufwands bedeutet letztlich mehr Zeit für die pflegebedürftigen Menschen und führt zur größeren Zufriedenheit bei allen Beteiligten. Diesem Ziel sollten wir uns alle verpflichtet fühlen.


Weitere Artikel

Rede · Christian Dirschauer · 16.10.2025 Wir entwickeln die Grundlagen unseres Zusammenlebens weiter

„Erstens: Das Land schützt die Rechte und Interessen pflegebedürftiger Menschen und pflegender Angehöriger…Zweitens: Kinderrechte…Wer heute Kindern eine Stimme gibt, stärkt die Demokratie von morgen…Drittens: Dass im Entwurf nun das kulturelle Erbe, insbesondere das der nationalen Minderheiten und Volksgruppen sowie der jüdischen Kultur, unter den Schutzauftrag des Landes gestellt wird, ist ein großer Fortschritt.Viertens: Mit der Einführung der Verfassungsbeschwerde sagen wir als Land: Wir trauen unseren Bürgerinnen und Bürgern zu, ihre Rechte selbst in Anspruch zu nehmen.“

Weiterlesen

Rede · Sybilla Nitsch · 16.10.2025 Wir wollen eine echte grüne Wasserstoffwirtschaft

„Was aber nicht geht, wirklich gar nicht, ist Greenwashing von Wasserstoff. Und genau das ist es, was passiert, wenn die FDP von CO2-Projekten unter dem Meer spricht. Wir produzieren grauen Wasserstoff, verpressen das CO2 und nennen ihn dann blauen Wasserstoff. Und dann tun wir alle so, als wäre das eine saubere Lösung. Ist es aber nicht!“

Weiterlesen

Rede · Dr. Michael Schunck · 16.10.2025 Der Klinik-Atlas steht für Transparenz und Klarheit

„Generell ist zu beobachten, dass der Klinik-Atlas offenbar eine Lücke schließt. Er ist transparent und vor allem unabhängig. Das ist wohl vielen Trägern ein Dorn im Auge. Bedauerlicherweise hört die Bundesgesundheitsministerin diesen Lobby-Gruppen sehr gut zu. Nach Presseberichten ist die Projektgruppe eingestellt worden; und zwar rückwirkend zum Sommer. Das ist ein Rückschritt und ein Schlag ins Gesicht mündiger Patientinnen und Patienten“

Weiterlesen