Rede · Flemming Meyer (2009–2020) · 30.11.2006 Migrationssozialberatung bedarfsgerecht gestalten

Eine Gesellschaft muss sich daran messen lassen, wie sie mit Zuwanderern umgeht. Das ist ein Gradmesser für ihre demokratische Verfasstheit. Dabei geht es nicht nur um den Zugang, sondern eben auch um Integration. Dass Ausländer, die weder beraten noch mittels Sprachkursen unterstützt werden, oftmals außen vor bleiben, ist vielfach belegt. Die Zahl der Menschen, die am Rand stehen, muss aber so niedrig wie möglich bleiben. Ansonsten entwickelt sich unser Land in eine Zwei-Klassen-Gesellschaft.

Der SSW begrüßt darum ausdrücklich den Kompromiss der Innenminister zur Neuregelung des Bleiberechts. Geduldete Ausländer, die sich von einer Duldung zur nächsten hangeln, haben jetzt die Chance, zunächst eine auf zwei Jahre befristete Aufenthaltsgenehmigung zu beantragen. Sie können sich auf ein Leben in Deutschland einrichten, die hier geborenen Kinder haben das in der Regel sowieso schon getan. Der SSW hat dem Innenminister immer den Rücken gestärkt, für die Integration der geduldeten Ausländer eine Regelung zu finden. Lange hat es gedauert, bis sich nun im November alle Innenminister verständigen konnten. Dennoch gibt es in den Ländern noch viele Kritiker. Der Weg ist aber richtig: wer nach Deutschland kommt, muss die Chance haben, sich hier eine Perspektive aufbauen zu können. Besonders positiv ist es, dass das Vorrangprinzip wegfällt, wonach ein geduldeter Ausländer belegen musste, dass sich kein Einheimischer für seinen Job finden lässt. In der Wirtschaft geht es langsam bergauf und die Chancen auf dem Arbeitsmarkt verbessern sich. Für denjenigen, der einen Arbeits- oder Ausbildungsplatz findet, steht einer langfristigen Aufenthaltserlaubnis nichts mehr im Wege. Ich schätze, dass allein in Schleswig-Holstein mehrere Hundert geduldete Ausländer von der Neuregelung profitieren werden und eine mittelfristige Aufenthaltserlaubnis erlangen werden.

Damit ist der vorgelegte Bericht zur Migrationssozialberatung in manchen Bereichen schon wieder überholt, weil neues Klientel dazu kommen wird. Damit wird der Intention des Antrages indirekt entsprochen. Erinnern wir uns, die Antragsteller wollten den Beratungsbedarf gerade auch der geduldeten Ausländer sicherstellen. Für diesen Personenkreis kommt nämlich eine Beratung nur in Krisensituation infrage; eine Regelung, die an den Realitäten vorbei geht. Durch die neue Bleiberechtsregelung werden aus geduldeten Ausländern rechtlich abgesicherte Nachfrager nach Migrationssozialberatung. Ich hoffe sehr, dass dieser Personenkreis die Beratung ausgiebig in Anspruch nehmen wird.

Der SSW geht also davon aus, dass bis 2007 die Beratungsinfrastruktur ausgebaut werden muss: die Nachfrage wird steigen. Aber auch ohne diesen Nachfragezuwachs kommen wir um einen Ausbau nicht herum, wollen wir das Ungleichgewicht im Land beseitigen. Die Benachteiligung im Norden ist mir gleich ins Auge gefallen: Leider muss ich zum wiederholten Mal feststellen, dass in unseren Land eine Zweiteilung praktiziert wird. Das gilt eben auch bei der Migrationssozialberatung. Nordfriesland, und der Kreis Schleswig-Flensburg gehören bezüglich der Migrationssozialberatung - neben Plön und Dithmarschen - zu den unterversorgten Kreisen.

Ich hätte mir gewünscht, dass der Bericht konkret genannt hätte, wie und in welchem Umfang die Unterversorgung beigelegt werden wird. Ausländerinnen und Ausländer sollten in ganz Schleswig-Holstein die gleichen Chancen auf eine solide Beratung haben. Diese kann sich nicht auf die Großstädte beschränken. Die Ausländer, die in Niebüll oder Tarp leben, sollten auch auf eine gut ausgebaute Beratungsinfrastruktur zurückgreifen können. Hier muss schleunigst ein Gleichgewicht hergestellt werden. Ich denke, dass wir mit der Offenlegung der Unterversorgung den ersten Schritt getan haben. Der Ausbau muss weiter fortschreiten. Dann wird aus der Migrationssozialberatung das, was der Bundestag letztlich mit dem Zuwanderungsgesetz wollte: eine Beratung zur Integration.

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