Rede · Jette Waldinger-Thiering · 08.05.2020 Nach dem Klatschen muss die Handlung stehen

„Löhne für Pflegende dürfen nicht noch länger als Kostendämpfer herhalten“

Jette Waldinger-Thiering zu TOP 33+45 - Wertschätzung für Pflegekräfte muss sich im Lohnniveau widerspiegeln, Pflegefinanzierung endlich zukunftsfest und solidarisch ausgestalten (Drs. 19/2108 und 19/2146)

Aus meiner Sicht ist es gar nicht so einfach, das Thema Wertschätzung für die Pflege in diesen Zeiten zu diskutieren. Denn wir reden seit Jahren oder Jahrzehnten darüber und fragen uns, wie wir diesen Beruf attraktiver machen können. Gleichzeitig gibt es viele Ideen, um die Rahmenbedingungen zu verbessern. Und doch wissen wir alle, dass fast überall im Pflegebereich zu niedrige Löhne gezahlt werden. Leider ist aber gerade bei diesem Thema viel zu wenig passiert. Es ist also schön, wenn in diesen Krisenzeiten auch den allerletzten klar wird, wie unglaublich wertvoll gute Pflegearbeit ist. Aber es müssen eben auch alle wissen, dass warme Worte und Einmalzahlungen nicht reichen. Wir brauchen endlich eine deutlich größere Wertschätzung für unsere Pflegefachkräfte. Und das Lohnniveau spielt hier eine ganz wesentliche Rolle. 

Wenn ich die vorliegenden Anträge richtig deute, sind sich die Antragsteller zumindest darin einig, dass es an Anerkennung für die Pflege mangelt. Das ist doch schon mal schön. Während die SPD aber die finanzielle Aufwertung der Pflegearbeit fordert, will die Koalition vor allem finanzielle Mehrbelastungen für Pflegebedürftige und ihre Angehörige verhindern. Aus Sicht des SSW sind beide Anliegen für sich genommen richtig. Und gleichzeitig wird hier natürlich deutlich, dass das System Pflege völlig unterfinanziert ist. Für den SSW steht aber fest, dass wir an beiden Baustellen arbeiten müssen. Pflege muss bezahlbar bleiben. Das ist völlig richtig. Aber Pflegende müssen eben endlich auch angemessen vergütet werden. 

Keine Frage: Das ist eine milliardenschwere Aufgabe, die nicht von heute auf morgen gelöst werden kann. Noch dazu steigen die Kosten schon ohne Pflegemindestlohn und ohne tarifliche Lohnsteigerungen stetig an. Immer mehr Menschen haben Anspruch auf Pflegeleistungen. Immer mehr Menschen müssen über immer längere Zeiträume gepflegt werden. Und alle, die auf Pflege angewiesen sind, müssen selbstverständlich menschenwürdig versorgt werden. Ich denke, diese Fakten müssen nicht nur uns hier im Landtag, sondern allen Mitgliedern der Gesellschaft klar sein.

Wir haben es immer wieder betont und trotzdem sage ich es nochmal: Wir sehen weder eine Alternative zur menschenwürdigen Pflege noch zu angemessenen Löhnen. Wir wollen keine Pflege erster und zweiter Klasse. Und wir brauchen dringend ein höheres Lohnniveau als Teil einer größeren Wertschätzung für die Pflege. Voraussetzung dafür, dass wir diese Ziele erreichen, ist und bleibt aber eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung. Pflege muss endlich als gesamtgesellschaftliche Aufgabe anerkannt und auch finanziert werden. Die rein steuerfinanzierte Pflege wäre aus unserer Sicht die sauberste Lösung. Denn auf diesem Weg könnten wir sicherstellen, dass Menschen, die viel besitzen auch entsprechend beitragen. Und wir könnten sicherstellen, dass Menschen, die wenig haben, trotzdem menschenwürdig gepflegt werden. Und zwar ohne dabei noch weiter zu verarmen.

Mich freut, dass sowohl die Koalition wie die SPD die Notwendigkeit sehen, die Finanzierung der Pflege neu zu regeln. Aber für die meisten ist und bleibt die Aufstockung der Pflegeversicherung durch Steuermittel die äußerste Kompromisslinie. Das ist aus unserer Sicht das absolute Minimum. Vor dem Hintergrund der Unterfinanzierung in der Pflege steht für uns fest, dass wir zumindest einen dynamisch steigenden und damit dauerhaften Steuerzuschuss brauchen. Eine feste steuerfinanzierte Säule kann die Pflegeversicherung zumindest stabilisieren. Und sie kann zu einem höheren Lohnniveau beitragen und gleichzeitig verhindern, dass Pflegekosten in die Armut führen.

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