Rede · Lars Harms · 11.10.2023 Nichtkommerzielle Lokalradios fördern

„Ohne die entsprechende Finanzierung des Verwaltungsaufwandes wird den Radios langsam der Saft abgedreht. So ein Tod auf Raten ist nicht nur unwürdig, sondern steht im Gegensatz zu dem, was die Koalitionsparteien in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben.“

Lars Harms zu TOP 11 - Nichtkommerzielle Lokalradios fördern (Drs. 20/1440)

In den letzten Jahrzehnten haben sich Klangfarbe, Musik und sogar die Moderationen der Radiosender sehr stark angenähert. Manchmal weiß man gar nicht, welchen Sender man im Auto hört; so sehr gleichen sie sich inzwischen. Das kann einem bei den nichtkommerziellen Lokalradios im Land nicht passieren: bei Radio Fratz in Flensburg und beim Freien Radio in Neumünster. Deren Programme unterscheiden sich im Laufe des Tages erheblich; abhängig davon, wer die entsprechende Sendung zu verantworten hat.  Auch die Sendungen sind sehr individuell gestaltet; so wie man es auch beim Offenen Kanal kennt. Bei den nichtkommerziellen Radios werden Nischen gepflegt und musikalische Schätze gespielt. Das ist weit weg vom Top-10-Einerlei, was man ansonsten in Schleswig-Holstein zu hören bekommt. Darüber hinaus informieren sie über das, was in Stadt und Region passiert: von Selbsthilfegruppen bis zu neuen Radwegen. Die Lokalradios erbringen damit wichtige mediale Funktionen für die lokale Öffentlichkeit.

Dieses Programm kommt gut an und scheint den Bedürfnissen vieler Hörerinnen und Hörer entgegenzukommen, die diese Individualität schätzen. Die Radiomacher in Flensburg und Neumünster haben einen guten Draht zu ihrem Publikum. Doch damit könnte bald Schluss sein. Die technische Umstellung auf DAB+ erlegt diesen Sendern eine erhebliche Kostenbelastung auf. Das können sie nicht stemmen. Darum haben wir den Antrag gestellt, den nichtkommerziellen Lokalradios eine entsprechende Unterstützung zukommen zu lassen. Solange nicht klar ist, wann UKW ganz abgeschaltet wird, müssen die Radios die Kosten für beide technische Ausspielwege tragen. Die nächsten drei Jahre gelingt dies noch mit einer Sonderregelung, bei der nur ein Weg pauschal bezahlt werden muss. Danach wird es aber teuer! Da muss das Land Schleswig-Holstein dringend einspringen,

Die Programmleute brennen darauf, Radio zu machen. Meist nebenberuflich setzen sie sich hinter das Mikro, recherchieren und bereiten die Sendungen vor. Aber darum geht es auch nicht. Sendezeiten, Rechnungen und Programmplanung sind administrative Tätigkeiten, die erledigt werden müssen. Die nichtkommerziellen Radios haben eigene Webseiten mit Audiotheken, was alternativlos ist. Diese müssen zur Hörerbindung ständig aktualisiert werden. Das können die Moderatoren nicht auch noch nebenbei machen. Genau das passiert aber derzeit und droht dem Projekt freies Lokalradio hinterrücks den Garaus zu machen, wie ein aktuelles Gutachten zeigt. Der Finanzbedarf ist zurückhaltend beschrieben und betrifft vor allem die Senderadministration, die mit 60.000 Euro veranschlagt wird: entweder für eine ganze oder zwei halbe Stellen.

Die Einstellung einer Verwaltungsfachkraft hat neben der Professionalisierung der administrativen Vorgänge einen weiteren großen Vorteil: die Ermöglichung von Praktika. Bislang werden Praktika neben dem normalen Sendebetrieb meist von den Moderatorinnen und Moderatoren betreut. Das ist eine Belastung, der Viele aus dem Weg gehen wollen. Damit ist aber die Nachwuchsförderung der nichtkommerziellen Radios extrem erschwert. Wer sich fürs Radiomachen interessiert, muss mit den entsprechenden technischen Abläufen vertraut gemacht werden; Moderationsschulung oder Stimmschulung kommen eventuell hinzu. Schon beim Praktikumsvertrag müssen die Sender die Waffen strecken. Wenn wir also die Radiostationen langfristig sichern wollen, müssen wir die Nachwuchsförderung ermöglichen – und das funktioniert eben über Praktika. Die wiederum sind von einer funktionierenden Verwaltung abhängig. Ohne die entsprechende Finanzierung des Verwaltungsaufwandes wird den Radios also langsam der Saft abgedreht. So ein Tod auf Raten ist nicht nur unwürdig, sondern steht im Gegensatz zu dem, was die Koalitionsparteien in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart haben. Dort ist die Rede von Public Value, den die Sender schaffen und weswegen sie einen entsprechenden Anspruch auf eine dauerhafte und staatsferne Förderstruktur haben. Im Koalitionsvertrag findet sich auch eine Förderzusage für den digitalen Umbau. Beides fordert der vorliegende Antrag jetzt ein.
Die Landesregierung hat sich zur Förderung der nichtkommerziellen Lokalradios bekannt, lässt die beiden Sender jetzt aber in der Luft hängen. Das ist ein Versäumnis, das mit Zustimmung zu unserem vorliegenden Antrag behoben werden kann. Ich werbe deswegen ausdrücklich um die Unterstützung der Lokalradios. Bitte sichern sie diesen engagierten Bürgerprojekten die Zukunft.

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