Rede · Christian Dirschauer · 29.09.2022 Niemand soll aus Kostengründen auf Medikamente verzichten müssen

„Wenn Menschen dazu gezwungen werden, an ihrer Gesundheit zu sparen, ist das inakzeptabel und unwürdig“

Christian Dirschauer zu TOP 20 - Ermäßigter Mehrwertsteuersatz für Arzneimittel (Drs. 20/227)

Wie wir alle wissen, ist so manches Detail in der Ausgestaltung der Mehrwertsteuer nicht nur kurios, sondern mitunter auch unsinnig. Es ist zumindest nicht logisch erklärbar, dass beispielsweise Schnittblumen und Trüffel zum täglichen Bedarf zählen und mit dem ermäßigten Satz besteuert werden, während bei Windeln oder lebenswichtigen Arzneimitteln die vollen 19 Prozent fällig sind. Oder warum für Tierfutter die Ermäßigung gilt - für Babynahrung aber nicht. Der SSW kann daher jeden Vorstoß unterstützen, der dieses System vereinfacht und vor allem fairer gestaltet. Das gilt selbstverständlich auch für den vorliegenden Antrag der FDP. 

Aus unserer Sicht ist eine steuerliche Ermäßigung auf Arzneimittel überfällig. Und zwar längst nicht nur aus logischen Gesichtspunkten oder aus Gründen der Fairness. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Dingen kann man sich im Regelfall nicht aussuchen, ob man Medikamente nimmt oder aus Kostengründen darauf verzichtet. Viele Arzneimittel müssen ganz oder zumindest teilweise selbst bezahlt werden. Und diese Gesundheitsausgaben werden damit gerade für Menschen mit chronischen Erkrankungen oder Behinderungen zu einem hohen Kosten- und Belastungsfaktor. Es kommt also nicht von ungefähr, dass die geringere Besteuerung von Arzneimitteln in beinahe allen europäischen Ländern Standard ist. Während Länder wie Schweden oder Irland ganz darauf verzichten, liegt Deutschland mit seinen 19 Prozent hinter Dänemark und Bulgarien auf dem dritten Platz. Ich denke eine Absenkung auf 7 Prozent sowohl für apotheken- wie für rezeptpflichtige Medikamente ist daher absolut angemessen.

Gerade in Zeiten, in denen viele Menschen unter finanziellem Druck stehen, ist die beantragte Änderung des Umsatzsteuergesetzes wichtig. Jährlich fallen weit über 5 Milliarden Euro an Mehrwertsteuer auf Arzneimittel an. Ein ermäßigter Satz würde demnach erheblich zur finanziellen Entlastung vieler Bürgerinnen und Bürger beitragen. Hinzu kommt, dass ein solcher Schritt auch den finanziellen Druck auf die gesetzliche Krankenversicherung verringert. Angesichts einer prognostizierten Finanzlücke von 17 Milliarden Euro im nächsten Jahr ist auch das nicht ganz unwichtig. Nicht zuletzt deshalb ist es ärgerlich, dass sich diese Maßnahme dann doch nicht im Koalitionsvertrag der Ampel wiedergefunden hat und nun über eine Bundesratsinitiative angestoßen werden muss. 

Mir ist völlig klar, dass seit Jahren über Reformen und Ermäßigungen in diesem Bereich diskutiert wird. Aber wir dürfen dieses Thema nicht auf die lange Bank schieben. Sozialverbände schlagen längst Alarm, weil immer mehr Menschen mit niedrigen Einkommen aus Kostengründen auf ihre eigentlich notwendigen Medikamente verzichten. Aus Sicht des SSW läuft hier gehörig was schief. Wir halten eine Situation, in der Menschen dazu gezwungen werden, an ihrer Gesundheit zu sparen, für absolut inakzeptabel und unwürdig. Und weil wir leider befürchten müssen, dass sich die finanzielle Lage vieler Menschen noch weiter zuspitzt, brauchen wir zeitnah eine Lösung. Deshalb hoffen auch wir auf breite Zustimmung bei diesem wichtigen Thema und auf ein positives Signal hier aus dem Landtag in Richtung Berlin.

Weitere Artikel

Pressemitteilung · Christian Dirschauer · 26.07.2024 Die Werft muss zurück auf Kurs

Zum Rückzug der Bundesfördermittel für die FSG-Werft in Flensburg erklärt der Flensburger Abgeordnete der SSW-Landtagsfraktion, Christian Dirschauer:

Weiterlesen

Rede · Christian Dirschauer · 19.07.2024 Pädagogische Arbeit in unseren Kitas sichern

„Trotz Vorschaltgesetz bleiben Unsicherheiten und Herausforderungen“

Weiterlesen

Rede · Christian Dirschauer · 18.07.2024 Wir müssen uns besser um LongCovid-Betroffene kümmern!

„Bei dieser Gruppe von Erkrankten handelt es sich um Menschen, von denen sich viele nicht stundenlang vor unserem Landeshaus aufhalten und auf sich aufmerksam machen können. Deshalb ist es unsere Pflicht, dass wir in der Politik auf sie aufmerksam machen und ihnen helfen, damit auch sie das Kapitel Pandemie abschließen können.“

Weiterlesen