Rede · 10.11.2004 Pflegesituation

Großes Lob an Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Sozialministeriums: Die Beantwortung der Großen Anfrage zur Pflegesituation gibt einen guten Überblick über die rechtlichen Zusammenhänge - insbesondere die unterschiedlichen Aufgaben der Heimaufsicht der Kommunen und der Fachaufsicht der Landesregierung. Angesichts der zum Teil heftigen Auseinandersetzung im Sozialausschuss gerade zu diesen Fragen, wäre die Beantwortung schon in der Vergangenheit sehr hilfreich zur Aufklärung verschiedener Sachverhalte im Pflegebereich gewesen.

Denn die Beantwortung der Landesregierung zeigt aus meiner Sicht sehr deutlich auf, wann die Heimaufsicht der Kommunen und Kreise verantwortlich ist und wann die Landesregierung als Fachaufsicht eingreifen kann und soll. Das Fazit des SSW ist, dass man unter der geltenden Rechtslage dem Sozialministerium in kaum einen der – leider – vielen Pflegeskandale, deren Leidtragenden die Bewohnern von Heimen sind, einen Vorwurf machen kann. Vielmehr sind die Kommunen und Kreise gefragt. Allerdings macht die Große Anfrage auch deutlich, dass die Heimaufsicht in Zusammenarbeit mit der Fachaufsicht des Landes sehr bemüht ist, die Kontrollen bei den Heimen zu verbessern. Das war aber auch dringend notwendig.

Aufgerüttelt wurden wir ja insbesondere durch die skandalösen Zuständen in den DRK-Pflegeheime. Nicht zuletzt in meiner Heimatstadt Flensburg, wo die über 100 Bewohner von einem auf den anderen Tag wegen der katastrophalen Zustände im Heim ihre Sachen packen und ausziehen mussten.

Wir haben als Politikerinnen und Politiker eine Verpflichtung, dass dieses nicht wieder passiert. Die Landesregierung hat mit ihrer Initiative PflegePlus einen ersten Schritt in die richtige Richtung gemacht. Denn natürlich müssen wir die finanziellen Zuschüsse für den Pflegebereich erhöhen. Die alten Menschen verdienen, dass die Pflege mehr Zeit in Anspruch nimmt, weil sich damit auch die Qualität der Pflege automatisch erhöht. Dazu muss auch die Qualifikation der Beschäftigen im Pflegebereich verbessert werden. Wir brauchen gut qualifiziertes Personal in den Heimen und bei den ambulanten Pflegediensten. Die geplante Erhöhung der Haushaltsansätze durch die Landesregierung ist aber im Grunde viel zu wenig und die Aussichten für den Haushalt 2005 machen die Situation ja nicht besser.

Deshalb ist es auch so ärgerlich, dass wir das erfolgreiche Personalbemessungssystem „PLAISIR“, dass schon als Modellversuch sehr gute Ergebnisse vorzuweisen hatte, wegen des Zusammenbruchs der Verhandlungen zwischen der Bundesregierung und dem Lizenzinhaber nicht genutzt werden darf. In der Beantwortung der Großen Anfrage macht die Landesregierung auch klar, warum es aus rechtlichen Grünen nicht möglich ist ähnliche oder abgewandelte Modelle von „PLAISIR“ in Anwendung zu bringen. Das ist bedauerlich.

Die wiederkehrenden Skandale in Pflegeheimen haben eines gezeigt: Wenn es brennt, schieben alle Beteiligten die Verantwortung auf andere ab. In Krisensituationen muss aber schnell und richtig gehandelt werden. Deshalb fordert der SSW weiterhin die Einführung einer Notfallplanung bei schweren Pflegemängeln. Das Land muss in akuten Fällen den Pflegekassen, Heimträgern und der kommunalen Heimaufsicht Weisungen erteilen können, damit die Interessen der Pflegebedürftigen nicht untergehen.

Hier würden wir uns wünschen, dass die Landesregierung so schnell wie möglich initiativ wird, damit wir nicht noch einmal vor hilflosen Heimbewohnern kapitulieren müssen. Wir wollen auch, dass die Arbeit der unabhängigen Pflegeberatungsstellen nach 2005 fortgesetzt wird. Nur so kann gewährleistet werden, dass die Beratung von Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen ohne Beeinflussung durch andere Interessen stattfindet.

Der SSW bleibt auch bei seiner Ansicht, dass die Finanzierung der Pflegekassen eines der Hauptprobleme in Zukunft bleibt. Der von der Bundesregierung beschlossene zusätzliche Pflegeversicherungsbeitrag für Kinderlose ist nicht gerecht und stopft nur kurzfristig die schlimmsten Löcher. Wir brauchen also weiterhin eine grundlegende Reform der Pflegeversicherung. Und weil wir die Beiträge wegen der hohen Lohnnebenkosten nicht einfach ins Bodenlose erhöhen können, plädiert der SSW auch in diesem Bereich für eine steuerfinanzierte Pflegeversicherung.

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