Rede · Lars Harms · 21.02.2014 Psychiatrische Versorgung gewissenhaft und gemeinsam mit den Betroffenen weiterentwickeln

Für den SSW muss ich hier eines ganz deutlich sagen: Die Weiterentwicklung psychiatrischer Angebote im Land ist eine ungemein wichtige und unverändert dringliche Aufgabe. Leider haben das unsere Vorgänger offensichtlich nicht ganz so gesehen. Anders kann ich mir zumindest nicht erklären, warum die umfassenden Vorschläge aus der Anhörung Ende 2010 nicht weiter beachtet und kaum etwas bewegt wurde. Aber sei es drum.
Ob es nun an einer verbesserten Diagnostik liegt oder an den Auswüchsen unserer Leistungsgesellschaft: Fakt ist, dass die Zahl der Menschen mit psychischen Störungen zunimmt. Dies müssen wir zur Kenntnis nehmen und entsprechend handeln. Auch der Bericht, für den ich dem Ministerium an dieser Stelle ausdrücklich danken möchte, nennt diese Dinge beim Namen. Und er weist auf unsere Vereinbarung im Koalitionsvertrag hin, nach der wir hier eben eindeutig einen Handlungsbedarf sehen. Maßnahmen zur Erhaltung der psychischen Gesundheit von Kindern und Erwachsenen sollen gestärkt und ein ausreichendes gemeindenahes Behandlungsangebot vorgehalten werden. Dies ist unser gemeinsamer Auftrag. Und den werden wir auch erfüllen.
Auch wenn der Bericht hierzu gar nicht so viel Neues liefert, halte ich die aufgelisteten Daten und Fakten zur Entwicklung psychischer Erkrankungen für erschreckend. Man muss sich das einmal klarmachen: Jeder dritte Erwachsene und jedes fünfte Kind in Deutschland hat früher oder später mit Störungen und psychischen Auffälligkeiten zu kämpfen. Offenbar sind Depressionen und Angststörungen mittlerweile Ursache Nummer eins für verminderte Arbeitsproduktivität, Arbeitsunfähigkeit und Frühverrentung. Aber noch viel schlimmer als die Milliardenschäden, die durch psychische Erkrankungen europaweit entstehen, ist aus Sicht des SSW folgendes: Wer an einer psychischen Erkrankung leidet, hat auch noch ein erhöhtes Risiko für organische Folgeerkrankungen wie Schlaganfall oder Diabetes. Es ist also ungemein wichtig, diesen Menschen so früh wie möglich zu helfen. Im besten Fall natürlich schon durch präventive Maßnahmen.
Kein Zweifel: Die Situation der psychisch Kranken bei uns in Schleswig-Holstein muss genau analysiert und die Hilfen entlang der bestehenden Leitlinien ausgerichtet werden. Wo immer es nötig erscheint, wollen wir gemeinsam mit den Betroffenen Verbesserungen bei der Versorgung auf den Weg bringen. Der SSW hat immer gefordert, dass im Falle eines erhöhten Bedarfs auch die Struktur der Angebote angepasst werden muss. Und auch wenn bei diesem Thema der Bereich der unmittelbaren Landesplanung eher begrenzt ist, muss klar sein, dass hier immer vom Patienten aus gedacht werden muss. Wir wissen zum Beispiel, dass insbesondere die wohnortnahe Versorgung für psychisch kranke Menschen eine große Bedeutung hat.
Um ehrlich zu sein: Wir haben es bei der Weiterentwicklung der psychiatrischen Versorgung mit einer echten Mammutaufgabe zu tun. Es gibt eine wirklich große Vielfalt an Angeboten und Versorgungsstrukturen im Land. Und es gibt eine große Zahl an Akteuren, die selbstverständlich auch alle in diesen Prozess einbezogen werden müssen. All dies ist uns und der Landesregierung durchaus bewusst. Und vor diesem Hintergrund ist der eingeschlagene Weg der einzig richtige: Dem Konsens in der Arbeitsgruppe Psychiatriebericht entsprechend, wird nun eine detaillierte Bestandsaufnahme der verschiedenen Versorgungsangebote erstellt.
Diese Basis halte ich für unverzichtbar. Denn das Ziel ist, im Anschluss gemeinsam mit den beteiligten Experten, mit den Betroffenen und mit der kommunalen Familie Schwachstellen der Versorgung aufzudecken. Ich denke, nur so lassen sich wirklich effektive Vorschläge für Verbesserungen und sinnvolle Ergänzungen zum bestehenden System finden. Und genau dies wollen wir im Sinne der Betroffenen und ihrer Angehörigen erreichen.

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