Rede · 08.02.2003 Rede zur Kommunalwahl 2003 auf dem Parteitag des SSW in Schleswig

Es wird nicht einfach, die Wählerinnen und Wähler zu überzeugen – dass sie am 2. März zur Wahl gehen sollten. Die Menschen haben im Moment die Nase voll von der Politik. Vor allem die Politik auf Bundesebene mit ihrer Unfähigkeit zu wirklichen Reformen stößt die Menschen ab. Obwohl wir tief in der Krise stecken, können Rot-Grün und Schwarz-Gelb sich kaum darauf verständigen, dass ein Schimmel weiß ist. Die Bundesrepublik steht vor großen Herausforderungen, und die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass sich die Parteien dieses Landes zusammenraufen und gemeinsam Tacheles reden. Für politische Grabenkämpfe ist die Uhr längst abgelaufen.

Den danske tegner og satiriker Storm P. siger i en af sine ”Fluer”: En krise er, når ingen ved, hvad der skal gøres – i en fart. Lad mig derfor slå fast: der er ikke brug for nemme løsninger i den situation Forbundsrepublikken befinder sig i. Der er brug for et sejgt træk og et klart mål forude.


Modernisierung fordert soziale Gerechtigkeit

Der SSW fordert also, dass die notwendigen Reformen der Kranken- und Sozialversicherungen, des Arbeitsmarkts und des Bildungssystems angepackt werden. Wir wollen den Sozialstaat reformieren und erhalten, abschaffen wollen wir ihn nicht. Deshalb fordert der SSW keine neoliberalen Umbau des Sozialstaates – beispielsweise nach den Vorstellungen der FDP, sondern sozialgerechte Reformen. Nördlich der Grenze hat man uns vorgemacht, wie man einen angeschlagenen Sozialstaat wieder fit macht. Die hohen Wachstumsraten und die niedrigen Arbeitslosenzahlen bei gleichzeitig hohen sozialen Standards sprechen für sich.

In unseren skandinavischen Nachbarländern gibt es einen sozialen Konsens, an den sich bisher alle Regierungen jedweder Richtung gehalten haben. Danach richtet sich auch der innere Kompass des SSW. – Mit anderen Worten: Wir wollen keinen Staat nach dem Motto: Wenn jeder an sich denkt, ist an alle gedacht. Für uns ist „soziale Gerechtigkeit“ kein alter Hut aus der Mottenkiste. Im Gegenteil: wer reformieren, modernisieren und verändern will, ohne dass die sozialen Güter unserer Gesellschaft gerecht verteilt werden, der hat schon im Voraus verloren. – Und letztlich sind wir alle Verlierer, wenn wir es denn ernst meinen mit unserer Demokratie. Keine demokratische Gesellschaft kann ab, dass immer mehr Menschen sich von ihr abwenden, weil sie sich nicht mehr vertreten fühlen - 4,3 Mio Arbeitslose lassen grüßen!


Kommunale Finanzen nach dänischem Vorbild reformieren

Es wird nicht leicht sein, die Menschen am 2. März zum Wählen zu motivieren, denn langsam ist kaum noch erkennbar, wo Kommunalpolitiker anderes tun als Einsparungen zu verteilen. Die finanzielle Lage in den Kommunen ist katastrophal. Viele Städte, Kreise und Gemeinden in Schleswig-Holstein stehen vor der schwersten Finanzkrise seit Jahren. Das liegt aber nicht daran, dass wir mit dem Geld geprasst haben. Die Ausgaben der Kommunen für soziale Leistungen sind insbesondere wegen der Arbeitslosigkeit stark gestiegen. Gleichzeitig sind die Einnahmen der Kommunen dramatisch zurück gegangen. Das verdanken wir insbesondere der Bundesregierung; ihre Unternehmenssteuerreform aus dem Jahr 2000 hat dazu geführt, dass die größeren Unternehmen kaum noch Steuern zahlen. Und das verdanken wir auch der schleswig-holsteinischen Landesregierung mit ihren Eingriffen in den kommunalen Finanzausgleich in den Jahren 1999 und 2001. Bund und Land müssen endlich handeln, sonst stehen die Kommunen in Schleswig-Holstein vor dem finanziellen Kollaps.

Die Rettung soll einmal wieder eine Kommission bringen: Seit dem Frühjahr 2002 tagt eine Kommission des Bundesfinanzministeriums, die bis zum Sommer 2003 eine grundlegende Gemeindefinanzreform erarbeiten soll. Schleswig-Holstein wird in dieser Kommission nur durch ein Mitglied der Landesregierung vertreten. Es kann nicht angehen, dass sich der Landtag noch nicht mit dieser wichtigen Frage beschäftigt hat. Der SSW hat daher für die nächste Landtagssitzung einen mündlichen Bericht zum aktuellen Stand der Beratungen in der Kommission beantragt.

Wir befürchten aber jetzt schon, dass bei der Kommission zur Gemeindefinanzreform zu wenig herauskommt. Es steht zu befürchten, dass der Berg kreißt und eine Maus gebiert. Wir können uns aber nicht leisten, dass die Arbeit an einer umfassenden und tiefgreifenden Reform der Gemeindefinanzen an die Wand gefahren wird. Denn es muss etwas passieren. Wer jetzt nicht handelt, nimmt den Kollaps der Städte, Gemeinden und Kreise in Kauf.

Der SSW fordert eine grundlegende kommunale Finanzreform nach dänischem Vorbild. Wir wollen, dass die Gemeinden, Städte und Kreise wieder gestalten können. Deshalb müssen die Kommunen eine eigene Kommunalsteuer erheben können. Dabei geht es nicht darum, die Steuern zu erhöhen, sondern um eine gerechtere Verteilung der vorhandenen Gelder zwischen Bund, Land und Kommunen. Außerdem muss die Körperschaftssteuer so geändert werden, dass die Unternehmen einen Mindestbetrag an die Länder und Kommunen zahlen. Zudem brauchen wir ein Konnexitätsprinzip auf Bundesebene: Wenn der Bund den Ländern und Kommunen neue Aufgaben beschert, dann muss er diese auch bezahlen.


Kommunale Zusammenarbeit verbessern

Aber nicht nur in der Bundespolitik, auch in Schleswig-Holstein müssen wir endlich die Reformen in Angriff nehmen, die unsere Kommunen wieder handlungsfähig machen. Viel zu lange sind die Politiker wie die Katzen um den heißen Brei Gebietsreform herumgeschlichen.

Kommunen sind nichts Gott gegebenes. Kreise, Städte und Gemeinden müssen bestimmte Bedürfnisse erfüllen - und danach müssen sie auch gestaltet werden. Wenn es um die identitätsstiftende Funktion der Kommunen und eine bürgernahe Politik geht, haben kleine Einheiten vieles für sich. Wenn es aber um die Erfüllung von Verwaltungsaufgaben geht und um die Verwirklichung kommunaler Politik, haben kleine Kommunen zuweilen Probleme. Weil sie zu wenig Finanzmasse haben, sind sie häufig wenig handlungsfähig. Das ist das Dilemma, vor dem wir stehen.

Bisher hat sich die Politik nicht an die Probleme getraut, die unweigerlich in diesem Bereich liegen. Das liegt zum einen an der emotionalen Bindung der gewachsenen kleinen Kommunen. Das liegt zum anderen aber auch – und das muss auch mal gesagt werden – an den vielen verschiedenen persönlichen Interessen, die damit verbunden sind. Der SSW will aber leistungsstarke Kommunen, in denen demokratische Politik gestaltet werden kann.

Langfristig gesehen kann eine verstärkte freiwillige Zusammenarbeit bis hin zu einem Zusammenschluss für die schleswig-holsteinischen Gemeinden ein Königsweg sein, um sich für die Zukunft fit zu machen. Sie gibt den Kommunalpolitikern die Möglichkeit, politisch zu gestalten. Sie vermeidet Abstimmungsprobleme über Gemeindegrenzen hinweg. Sie ist die Basis einer leistungsstarken Verwaltungsebene. Sie garantiert einen fairen Wettbewerb zwischen den Kommunen im Land. Starke Kommunen sind eine Voraussetzung für eine handlungsfähige kommunale Selbstverwaltung. Insofern müssen wir in den nächsten Jahrzehnten eine neue Balance zwischen dem finanziellen Spielraum, den Entscheidungskompetenzen und der Bürgernähe in unseren Kommunen finden.

Von verschiedenen Seiten ist in letzter Zeit zu hören gewesen, dass mehr kommunale Aufgaben auf die Ämter verlagert werden sollten, dass wir höchstens vier Kreise als eine Art Regierungsbezirke brauchen – dass aber an der Struktur der Landkreise und Gemeinden nicht gerüttelt werden sollte. Darum sage ich ganz deutlich: wer die kommunale Selbstverwaltung stärken will, muss Rahmenbedingungen schaffen für kommunale Demokratie. Das nennen wir Bürgernähe. Wir wollen, dass sich die Bürgerinnen und Bürger - vor Ort - über ihre kommunalen Vertretungen an Beschlüssen über ihren Alltag beteiligen. Wir wollen transparente Entscheidungswege und echte Befugnisse für unsere Kommunen.


Verantwortungsvolle Kommunalpolitik spart nicht um jeden Preis

Es wird nicht leicht, Kommunalwahlkampf in einer Zeit zu machen, in der die Kommunen und Kreise schon über dem finanziellen Abgrund hängen. Die Zeit der Wahlversprechen sind endgültig vorbei. – Wir können nur offen eingestehen, dass wir nichts versprechen können.

Trotzdem markieren sich die SSW-Politiker mit einer klaren Haltung: Als verantwortungsbewusste Politiker versuchen wir, Lösungen für die schwerwiegenden finanziellen Probleme in unserer Kommune zu finden. Es ist aber falsch, alle Ausgaben zu streichen - in einem verzweifelten Versuch, die Finanzen der Gemeinde oder des Kreises zu retten. Das schaffen wir sowieso nicht.

Im Gegenteil: Wir dürfen nichts kaputt sparen - nichts zerstören, das man nicht wiederherstellen kann. Das gilt für den Bereich Kinder und Jugendliche oder für die Sozialpolitik ebenso wie für die Renovierung von Gebäuden und Straßen - und natürlich nicht zuletzt für die Minderheiten.

SSV er det danske mindretals og de nationale friseres parti. Det er vores selvforståelse og fundamentet for vort arbejde. At fremhæve dette på SSV’s landmøde grænser til det banale. Skulle nogen være i tvivl om, hvor meget SSV og mindretallet hænger sammen, så bør vedkommende se på, hvor svært - ja umuligt - det er at opnå ligestilling i de kommuner, hvor SSV ikke er repræsenteret.
Og lad mig samtidig minde om at ligestillingen mellem flertal og mindretal ikke er ordnet ved lov. Der skal politisk arbejde til, og mere end 160 SSV-kommunalpolitikere har i de sidste år gjort dette arbejde. Det skylder vi dem en stor tak for.


SSV er mindretallets parti

En tak skal også gå til mindretallets mange organisationer. - SSV er solidarisk med dem. Modsat har de været solidariske med SSV i de forløbne 5 år. Og nu er der ca. 700 kandidater der fører valgkamp for SSV. De har fortjent at få en helhjertet opbakning fra hele mindretallet. Og ser man på, hvad SSV har opnået på landsplan, i amter og kommuner er der ingen grund til at vi stiller vort lys under en skæppe. Det bekræfter vore valgresultater ved de senere valg.

Så lad os nu få smøget ærmerne op. Men det er vi i SSV også gode til. For er der noget vi har lært i partiets lange historie, så er det – for nu igen at sige som Storm P. – at kun lommeuld kommer af ingenting.


Kommunalwahl nicht als "Denkzettelwahl" missbrauchen

Es wird nicht leicht werden, die Menschen davon zu überzeugen, dass Kommunalpolitik wichtig ist. Denn wie bei den Landtagswahlen in Niedersachsen und Hessen versuchen Parteien jetzt wieder, die Wahlen zu missbrauchen. Ich finde es ist zutiefst unanständig, wenn man – wie CDU und FDP es tun – dazu aufruft, bei der Kommunalwahl Rot-Grün in Kiel abzustrafen. Der Wahlzettel ist kein Notenheft für die Landesregierung, sondern das wichtigste Instrument für die Bürgerbeteiligung in den Kommunen. Unsere Gemeinden, Städte und Kreisen haben Besseres verdient als für parteipolitische Zwecke auf Landes- und Bundesebene missbraucht zu werden.

Es wird nicht einfach, auf die Straße zu gehen und den frustrierten Bürgern zu erklären, dass es sich trotzdem lohnt, wählen zu gehen. Wir Politikerinnen und Politiker von SSW können uns aber mit gutem Gewissen der Herausforderung stellen. Dafür wünsche ich Euch viel Kraft und warmes Wetter.

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