Rede · Flemming Meyer (2009–2020) · 16.12.2010 Regionalökonomische Bedeutung der Universität Lübeck für den Wirtschaftsstandort Lübeck und für S.-H.

Es gibt ausführliche und weniger ausführliche Beantwortungen von Großen Anfragen. Die Antwort der Landesregierung auf die vorliegende Anfrage zur regionalökonomischen Bedeutung der Uni Lübeck gehört wohl eher in die zweite Kategorie. Die Grünen haben mit ihrer Anfrage klare Fragen formuliert, die zum Großteil aber gar nicht beantwortet werden, weil die Landesregierung anscheinend wenig Lust hatte, sich mit der gestellten Problemstellung auseinanderzusetzen.

Klar erkennbar ist dennoch, dass die Landesregierung sehr viel Glück gehabt hat, dass der Bund den Deal eingegangen ist, die Finanzierung der Hochschulmedizin in Lübeck teilweise zu übernehmen. Sonst hätte sie an dieser Stelle nämlich ziemlich unangenehme Antworten geben müssen. Denn obwohl es keine eindeutigen Zahlen der Landesregierung gibt, ist mittlerweile ausreichend belegt worden, dass die Medizinerausbildung an der Uni Lübeck für die Stadt, die Region, das Land und ganz Deutschland einen hohen Stellenwert hat. Dass damit nicht nur ein ideeller Stellenwert gemeint ist, sondern auch ein wirtschaftlicher sollte eigentlich jedem klar sein, der sich schon mal Gedanken darüber gemacht hat, wie das Zusammenwirken von Wissenschaft und Wirtschaft funktioniert.

Für den SSW hat immer schon festgestanden, dass Hochschulpolitik nicht nur Wissenschafts- und Forschungspolitik ist. Denn beides findet nicht im luftleeren Raum statt. Daher ist es unabdingbar, die gesamte Hochschullandschaft im Blick zu haben, wenn Ressourcen verteilt und Forschung und Lehre organisiert werden sollen. Die andere Seite dieser Medaille heißt Wissenstransfer, Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft - und schlicht und ergreifend auch die Schaffung qualifizierter Arbeitsplätze.

Vor diesem Hintergrund wundert es doch sehr, dass die Landesregierung so wenig Konkretes in ihrer Beantwortung dieser Großen Anfrage schreibt. Für den SSW heißt dies im Umkehrschluss, dass die Entscheidung, die Medizinstudienplätze in Lübeck auslaufen zu lassen, wirklich nur am Reißbrett entstanden ist. Soll heißen: Auch wenn die Wissenschaftsabteilung des Ministeriums damit hätte leben können, dann hätten wir doch erwartet, dass beim Wirtschaftsteil des Hauses die Alarmglocken läuten würden.

Wer sich die Mühe macht, das Schlagwort „regionalökonomische Bedeutung von Hochschulen“ einmal zu googeln, stößt gleich als erstes auf eine empirische Untersuchung dieser Thematik am Beispiel der Gesamthochschule Kassel. Insgesamt gilt, dass die regionalwirtschaftliche Bedeutung von Universitäten und Fachhochschulen an Gewicht gewonnen haben, weil Regionen sich mehr denn jäh einem interregionalen Wettbewerb stellen müssen. Konkret heißt dies auf Schleswig-Holstein bezogen, dass es unser Land nicht weiter bringt, wenn sich die Hochschulpolitik allein auf Kiel oder die Metropolregion Hamburg konzentriert. Denn Fakt ist, so die Untersuchung zur Gesamthochschule Kassel, dass die rein quantitative Existenz einer Universität mit ihrer besonderen Fähigkeit, Drittmittel und Studierende anzuziehen, deutlich mehr Arbeitsplätze in einer Region schafft und sichert als die meisten öffentlichen Infrastrukturinvestitionen.
Für Kassel konnte somit belegt werden, dass mehr als ein Prozent aller nordhessischen Arbeitsplätze von den hochschulbezogenen Personal-, Sach- und Bauausgaben sowie den studentischen Ausgaben abhängen.

Es wäre aufschlussreich gewesen, wenn die Landesregierung ähnliche Überlegungen für Lübeck angestellt hätte.

Dass die Fähigkeit, Wissen zu generieren, unter den strategischen Faktoren, die den strukturschwachen Regionen im Wettbewerb der Regionen zur Beeinflussung zur Verfügung stehen, eine herausragende Stellung einnehmen, sagt sich fast von selbst. Dabei spielen die Universitäten neben den außeruniversitären Forschungseinrichtungen und den privatwirtschaftlichen Forschungs- und Entwicklungskapazitäten eine zentrale Rolle. In dieser Hinsicht ist die Universität Lübeck richtig gut aufgestellt. Denn trotz aller Lustlosigkeit auf Einzelaspekte einzugehen, belegt die Große Anfrage, dass gerade der Bereich Medizintechnik alle Kriterien erfüllt, ein Wachstumsmotor für Lübeck zu sein. Hinzu kommt die enge Verzahnung von Spitzenforschung und innovativen Wirtschaftsunternehmen. All dies wäre den Bach runter gegangen, wäre der Plan der Landesregierung aufgegangen, die Universität Lübeck als Rumpf-Universität ohne Medizinstudienplätze existieren zu lassen - wenn dies denn überhaupt möglich gewesen wäre.

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