Rede · Sybilla Nitsch · 15.06.2023 Schulsozialarbeit entlastet Lehrkräfte

„Die Institution Schule kann heute nicht mehr isoliert als Bildungseinrichtung gesehen werden. Fachunterricht und die Herausforderungen des sozialen Alltags der Kinder gehen ineinander über.“

Sybilla Nitsch zu TOP 12 - Verstärkte Förderung der Schulsozialarbeit (Drs. 20/945 und 20/1003)

Es wurde beim letzten Fachgespräch im Bildungsausschuss zum Absentismus wieder sehr deutlich, es führt kein Weg daran vorbei, die Schulsozialarbeit und die Multiprofessionellen Teams an Schulen zu fördern und zu stärken.
Gerade durch die aktuellen Vorfälle von Gewalt unter Kindern und Jugendlichen und Schulabsentismus hier in Schleswig-Holstein und auch bundesweit- wird deutlich, mit was für Herausforderungen durch die sozialen Medien und damit verbundenen Konflikte das System Schule konfrontiert ist. Cybermobbing und Verrohung durch digitalen Medienkonsum sind nur einige Phänomene, mit denen die Lehrkräfte in den Klassenzimmern zu tun haben. Wie schon häufig berichtet, ist besonders die Heterogenität durch Inklusion und Migration in viel zu großen Klassenverbänden eine große Herausforderung,- auch für die Schülerinnen und Schüler. Die Berücksichtigung der individuellen Bedarfe ist so kaum zu leisten. Hier müssen wir durch Schulsozialarbeit Entlastung im Schulsystem erreichen, um Lehrkräften zu ermöglichen, ihren Fokus wieder auf Fach- und Unterrichtsinhalte zu richten.
Die Institution Schule kann heute nicht mehr isoliert als Bildungseinrichtung gesehen werden. Fachunterricht und die Herausforderungen des sozialen Alltags der Kinder gehen ineinander über.
Das System Schule benötigt Multiprofessionalität! Die positiven Berichte und Erfolge der der Perspektivschulen basieren grundlegend auf einem höheren Personalschlüssel. 
Der Schulleiter einer Perspektivschule in Kiel hat für 200.000€ vier Planstellen zusätzlich für Lehrkräfte geschaffen und 100.000€ in die Schulsozialarbeit investiert. Mindestens diese 100.000€ werden auch an den übrigen Schulen in Schleswig-Holstein benötigt, um den sozial- und heilpädagogischen Bedarf im Schulsystem zu decken. 
Statt, wie im Bildungsausschuss berichtet, ein Präventionskonzept gegen Mobbing zu erstellen, bei dem die (jetzt schon knappen) Lehrkräfte 32 Stunden fortgebildet werden, um danach die Präventionsmaßnahmen im Unterricht einzubauen, sollte man dafür doch die Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter nutzen. Diese sind aufgrund ihrer Profession und Vernetzung gut in dem Thema aufgestellt und können konzeptionelle Inhalte auch außerhalb des Unterrichts anbieten. Die beste Prävention wird durch Beziehungsarbeit geleistet und das können nicht nur die Lehrkräfte allein leisten. 
Wir haben über 400 Briefe erhalten, in denen die Absender mehr finanzielle Unterstützung für die Schulträger aus Landesmitteln für die Schulsozialarbeit fordern, um die Bedarfe ihrer Schulen zu decken.
Die Schulträger haben erkannt, dass die Investition in die Schulsozialarbeit nicht mehr verhandelbar, sondern fester Bestandteil der Schulfinanzierung sein muss.
Aufgrund des allgemeinen Fachkräftemangels, der auch im Bereich der Jugend- und Eingliederungshilfen, beziehungsweise der Sozial- und Heilpädagogik herrscht, müssen die vertraglichen Bedingungen für die Schulsozialarbeit fair und attraktiv gestaltet werden. Für die Anstellung der Schulsozialarbeiterinnen und Schulsozialarbeiter brauchen wir allgemein gültige Regelungen und Gesetze. Dass diese im Flächenkreis anders aussehen können als im Stadtgebiet, erklärt sich von selbst. Wir müssen uns angucken, wo welche Regelungen bereits gut funktionieren. Da, wo die Zusammenarbeit von freien Trägern der Jugendhilfe und den Schulen gut funktioniert, ist es möglich, feste und unbefristete Verträge mit breiter kollegialer Beratung und Supervision anzubieten. Besonders in Kreisen, die nach dem Sozialraum-Modell arbeiten, gibt es bereits gute Beispiele in der Zusammenarbeit an den gemeinsamen Schnittstellen.
Auch die Pauschalberechnungen per Schüler für die privaten Schulträger müssen überarbeitet und angepasst werden. Wenn alles so umgesetzt wird wie angekündigt, werden aus Berlin im Rahmen des „Startchancenpaketes“ eine Milliarde Euro für die Schulsozialarbeit an die Bundesländer verteilt. 
Das sollte nur der Startschuss für die finanzielle Aufstockung der Schulsozialarbeit in Schleswig- Holstein sein.

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