Rede · 27.09.2001 Tätigkeitsbericht des Flüchtlingsbeauftragten

Seit Juni liegt uns der erste Bericht des Beauftragten für Flüchtlings-, Asyl- und Zuwanderungsfragen vor. Daher ist es gut, dass wir nun auch den Bericht hier im Plenum debattieren können. Zunächst danken wir dem Beauftragten, seiner Mitarbeiterin und seinem Mitarbeiter für die bisherige Arbeit.

Die Anfänge dieser Arbeit stand unter keinem guten Stern. Wer die Debattenbeiträge in diesem Hause von damals nachliest, wird dies ohne weiteres nachvollziehen können. Ich will auch nicht verhehlen, dass der SSW sich ein anderes Modell gewünscht hatte. Wir wollten die Beratung von Betroffenen in den Mittelpunkt stellen und dieses bei der Bürgerbeauftragten ansiedeln. Wir sind immer noch der Überzeugung, dass es ein richtiger Weg gewesen wäre. Wir hätten dabei in Kauf genommen, dass die im Gesetz beschriebenen Aufgaben dann von anderen Institutionen hätten wahrgenommen werden müssen.

Beide Modelle – also unser Modell der individuellen Beratung und das letztlich umgesetzte Modell der Öffentlichkeitsarbeit – haben Vor- und Nachteile. Damit meine ich, dass wir vom SSW nicht die Arbeit des Flüchtlingsbeauftragten in Frage stellen. Und sein Bericht zeigt ja auch, dass es genügend zu tun gibt.

Wir begrüßen somit, dass sich der Beauftragte in Veranstaltungen der unterschiedlichsten Art für den Bereich Multiplikatorenbildung eingesetzt hat. Dem Bericht liegt dazu eine beeindruckende Liste bei. Sein Anliegen ist dabei gewesen – so entnehme ich es dem Bericht – den Ermessensspielraum der Länder in der Flüchtlings- und Asylpolitik so zu erweitern, dass nie nicht nur formelle, sondern immer auch humanitäre Gründe geltend gemacht werden sollten. Damit unterstützt er die Linie, die der schleswig-holsteinische Innenminister auf Bundesebene vertritt. Das ist gut so. Dass der Spielraum insgesamt nach dem von uns abgelehnten Asylkompromiss gering ist, sei in diesem Zusammenhang nur in den Raum gestellt.

Die Zeit reicht nicht, um jetzt auf Einzelheiten des Berichts einzugehen. Zwei Punkte möchte ich dennoch aufgreifen. Den Aussagen des Berichtes zum Asylbewerberleistungsgesetz können wir uns anschließen. Die Variante des Bundessozialhilfegesetzes, die dazu führt, dass es zwei verschiedene Existenzminima in Deutschland gibt, ist nicht nachvollziehbar. Es kann doch nur ein Mindesteinkommen geben, von dem jemand leben kann und nicht zwei verschiedene. Hinzu kommt die unwürdige Praxis der Gutscheingewährung statt Bargeld. Diese angebliche Forderung des Gesetzgebers führt bedauerlicherweise noch z. B. in Nordfriesland dazu, dass es dort weiterhin Gutscheine statt Bargeld gibt. Dies ist zur Zeit noch eine Entscheidung der leitenden Verwaltungsbeamten und leider nicht der jeweiligen Vertretungen. Die meisten Kreise und Städte haben jedoch zwischenzeitlich von der Möglichkeit der Bargeldgewährung Gebrauch gemacht, um eine unnötige weitere Diskriminierung zu verhindern. Wir können den Flüchtlingsbeauftragten nur ermuntern, in dieser Sache weiterhin Überzeugungsarbeit zu leisten. Vielleicht gelingt es ja, wie von ihm angeregt, auch das Innenministerium mit ins Boot zu bekommen.

Im August dieses Jahres legte der Bundesinnenminister sein Zuwanderungskonzept vor. Auch im Bericht des Flüchtlingsbeauftragten spielt diese Frage eine Rolle. Wir begrüßen, dass er sich ausführlich mit konkreten Problemen in diesem Zusammenhang auseinandersetzt. Zu Recht heißt es: „Integration ist ein Prozess , bei dem beide Seiten auf einander zugehen müssen. Dieser Prozess wird erleichtert, wenn von der Politik die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden." Die sprachliche Integration ist eines der wichtigsten Felder für den weiteren Aufenthalt hier. Dabei muss man aber berücksichtigen, dass es bereits aus den Heimatländern mitgebrachte Probleme gibt: Mangelnde Schulbildung und Analfabetismus erschweren das Erlernen der deutschen Sprache stark. Diese Integration würde vor allem erleichtert, wenn die Menschen die Möglichkeit erhielten, zu arbeiten. Hier herrscht aber weiterhin das Vorurteil, dass sie anderen die Arbeit wegnehmen. Deshalb können wir gar nicht oft genug unterstreichen: Ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger leisten einen erheblichen Beitrag zur Wirtschaft in Schleswig Holstein.

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