Rede · 19.03.2015 Was das Land in Sachen Flüchtlinge zusammen mit den Kommunen leistet, ist vorbildlich

Lars Harms zu TOP 12+39+40+41 - Anträge und Berichte zur Flüchtlingspolitik in Schleswig-Holstein

Immer mehr Flüchtlinge kommen zu uns nach Schleswig-Holstein. Die meisten von ihnen kommen aus den Kriegsgebieten in Syrien und Afghanistan oder sind aus den westlichen Balkangebieten zu uns gekommen.  Ja, es werden bis zu 20.000 Menschen für das laufende Jahr werden. Ja, das mag sich im ersten Moment nach sehr vielen Menschen anhören. Aber ich sage auch, ja -  wir werden diese Herausforderung annehmen und ja – wir werden es schaffen, diesen Menschen Unterkunft, Sicherheit und vielleicht sogar eine neue Heimat bieten zu können. Flüchtlingswege, sind auch unsere Wege. Das ist unsere Maxime und von genau dieser wollen und werden wir als SSW nicht abrücken. Dementsprechend haben wir die imaginären Ärmel schon mal aufgekrempelt, denn es warten nicht nur eine Menge Aufgaben auf uns Parlamentarier, sondern gleiches gilt auch für die Landesregierung, für die kommunale Ebene, sowie für die Gesellschaft als Ganzes.  

Im Großen und Ganzen funktionieren die Gegebenheiten in vielen Regionen Schleswig-Holsteins schon sehr gut. In vielen kleinen und größeren Schritten, meistern Kommunen und Ehrenamtliche außerordentliches für die zu uns kommenden Flüchtlinge. Doch es gibt eben auch erhebliche regionale Unterschiede und somit auch Kreise, Städte und Gemeinden in denen die Zusammenarbeit nicht so gut klappt. Wir vom SSW würden uns an dieser Stelle eine Vernetzung wünschen, in der die verschiedenen Regionen voneinander lernen können. Nur so können die entsprechende Erfahrung und das Wissen im ganzen Land gesät werden und wachsen. Über einen solchen Ansatz, sollte auch die Landesregierung nachdenken dürfen. Ich kann mir gut vorstellen, dass die Bereitschaft für eine solche Aktion auch bei den Kommunen vorhanden ist. Das wäre eine Maßnahme, von der sämtliche Akteure gemeinsam profitieren könnten. Im Allgemeinen, müssen wir die Flüchtlingsthematik noch größer Denken. Es geht dabei nicht nur um die Bildung derjenigen, die zu uns kommen, sondern auch um uns selbst. Bekannt ist, dass die DaZ-Stellen aufgestockt und die Anzahl der Lehrkräfte in Neumünster erhöht wurden. Doch die Frage, die sich uns stellt ist doch, wie begegne ich einem Flüchtling? Woran erkenne ich als Mitarbeiter einer Kita ein traumatisiertes Kind? Und wie gehe ich mit diesem jungen Menschen um? Das in diesem Fall zuständige Sozialministerium geht die Traumafortbildung konsequent an. Jetzt muss sich zeigen, ob die angedachten Maßnahmen in der Praxis auch greifen. Wir dürfen nicht nachlassen, immer wieder hinzusehen und zu prüfen, ob die Strukturen effizient sind. 

Sie merken schon, wir haben es in der Tat mit einer langfristigen Aufgabe zu tun. Es spricht absolut nichts dafür, dass sich die gegenwärtigen Konflikte in absehbarer Zeit beruhigen werden.  Vier Jahre Krieg in Syrien und es ist kein Ende in Sicht. Jahrzehntelange Unsicherheit und Perspektivlosigkeit in anderen Regionen dieser Welt, Jahrzehntelange Hoffnung auf Besserung, die immer noch nicht in Sicht ist. Diese Menschen wollen, dass sich etwas ändert. Deswegen kommen sie zu uns. Und wir müssen eingestehen, dass die meisten von ihnen auch in Deutschland bleiben werden.  Deswegen muss dafür Sorge getragen werden, dass adäquate Ausbildungs- Weiterbildungs- und vor allem Arbeitsplätze genutzt werden können.  Integration kann ohne tägliche, sinnvolle Beschäftigung kaum funktionieren. Die Unterkunft alleine, ist kein Integrationsansatz. Deswegen, ist die Aufnahme einer regelmäßigen Tätigkeit, so wichtig. Einen sicheren Alltag, in Mitten von Mitschülern oder Kollegen, das ist das, was sich diese Menschen wünschen. Selbst wenn diese Menschen und Familien eines Tages in ihre Heimat zurückkehren, dann sollte es unser Interesse sein, ihnen ein vernünftiges Werkzeug mitzugeben, um ihre Heimat wieder aufbauen zu können. Was sich vielleicht ganz einfach anhört, ist in Wahrheit leider nicht mehr so einfach. Das liegt oftmals auch an bundesgesetzlichen Regelungen. Die Vorrangprüfung bei der Vermittlung von Arbeitsplätzen gehört unserer Auffassung nach revidiert. Genau an diesen Stellschrauben müssen wir drehen, damit sich der Alltag der Flüchtlinge auch bei uns in Schleswig-Holstein verbessert. Denn darum geht es doch: Um das Miteinander. 

Um das Miteinander möglich zu machen, leisten die Kommunen einen Löwenanteil. Die Organisierung von Wohnraummöglichkeiten für Flüchtlinge ist keine leichte Aufgabe. Die Landesregierung hat fest zugesagt, den Kommunen in dieser Hinsicht helfen zu wollen. So etwa in Form der Soforthilfe von 1,5 Millionen Euro für die Einrichtung von dezentralen Unterkünften. Im Großen und Ganzen verläuft die Zusammenarbeit zwischen Land und Kommunen solidarisch. So bringt das Land bereits 70 Prozent der Kosten für die Unterbringung sowie Versorgung auf. Die Kommunen steuern 30 Prozent bei. Und das, obwohl laut bundesgesetzlicher Regelung diese Aufgabe allein von kommunaler Seite zu bewältigen wäre. Eine wirklich einmalige Situation, die eine mehr als stabile Basis bildet, um diese Herausforderung bewältigen zu können. 

Das was das Land in solidarischer Zusammenarbeit mit den Kommunen für die Flüchtlinge leistet, ist vorbildlich, was man von der Politik einer völlig anderen Ebene nicht sagen kann, nämlich die der Europäischen Union. Dort liegt nämlich so einiges in Schieflage. Die letzten Jahre haben gezeigt, dass 10 der 28 EU-Mitgliedsstaaten ungefähr 90 % der Flüchtlinge aufnehmen. Mehr Schieflage geht wirklich nicht. Eine einheitliche EU-Flüchtlingspolitik sucht man an dieser Stelle vergebens. Der Knackpunkt sind doch die Verpflegungskosten und die Unterbringungsmöglichkeiten. In diesem Fall gibt es keine Steuerung. Dabei könnten genau diese zentralen Aufgaben, durch den EU-Haushalt gesteuert und unterstützt werden; bei Agrarsubventionen geht das ja auch. Jeder Schritt in Richtung Begradigung dieser Schieflage wäre weit mehr, als bisher überlegt wurde. Das einzige was man präsentiert, ist das Vorhaben der Etablierung von EU-Außenlagerstationen in Nordafrika. Aus Sicht des SSW funktioniert das allerhöchstens in der Theorie. Bleibt zu hoffen, dass dies nicht die letzte Idee der Europäischen Kommission in Punkto Flüchtlingspolitik gewesen ist. Es wäre gut, wenn die EU sich bei der Verteilung der Flüchtlinge und bei der Unterbringung und Verpflegung aktiver einbringen würde.

Abschließend möchte ich noch auf das Thema Flüchtlingsausschuss zu sprechen kommen. Fakt ist, dass es in der Tat einen zuständigen Ausschuss für die Fragen rund um die Flüchtlingsthematik gibt: Nämlich der Innen-und Rechtsausschuss. Wenn sich Abgeordnete für ein Thema besonders interessieren, war es nach meiner parlamentarischen Erfahrung immer möglich, dass sich diese Abgeordnete dann auch die Zeit dafür freischaufeln. Das hat in der Vergangenheit ausnahmslos geklappt. Noch nie musste für Terminwünsche Einzelner  ein separater Ausschuss eingerichtet werden. Ich sehe auch keinen Grund dafür, warum das jetzt plötzlich der Fall sein sollte. Mehr als dieses Thema an den Anfang der jeweiligen Ausschusssitzung zu setzen, geht nicht. Ich bin mir sicher, dass die wöchentliche Arbeit im Innen- und Rechtsausschuss weiterhin zuverlässig sich diesem wichtigen Thema widmen wird. Und jede interessierte Abgeordnete ist herzlich eingeladen an den Sitzungen des Ausschusses teilzunehmen. 

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