Rede · Sybilla Nitsch · 14.12.2022 Wir müssen beim Kampf gegen den Klimawandel die Menschen vor Ort mitnehmen

"Wir stehen vor enormen Veränderungen und wir müssen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und entsprechende Lösungsansätze erarbeiten" 

Sybilla Nitsch zu TOP 10 - Entwicklung einer Klimaanpassungsstrategie sowie übergreifende Kostenbetrachtung der Auswirkungen des Klimawandels in Schleswig-Holstein (Drs. 20/236 +20/414)

Im Zusammenhang mit den Auswirkungen des Klimawandels ist es nur folgerichtig und notwendig, dass Strategien evaluiert und gegebenenfalls angepasst werden. Bereits 2011 hat Schleswig-Holstein seinen ersten Fahrplan herausgebracht und ihn 2017 aktualisiert. Nun bittet die Koalition die Landesregierung jenen letzten Fahrplan erneut anzupassen. Dies findet auch die Unterstützung des SSW. Gerade hier, im Land zwischen den Meeren, haben wir ein ureigenes Interesse, dass Maßnahmen des Küstenschutzes entsprechend angepasst werden, um die Menschen und Güter hinter den Deichen zu schützen. Klimadeiche und die Verstärkung der Halligwarften sollen den Folgen des Anstiegs des Meeresspiegels entgegenwirken. Daher kommt dem Generalplan Küstenschutz in den nächsten Jahrzehnten eine immer größere Bedeutung zu. 
Wir liegen zwischen den Meeren, das heißt, wir haben eben auch eine Ostseeküste, die vom steigenden Meeresspiegel betroffen ist. Daher ist es richtig, dass auch für diesen Bereich eine Strategie entwickelt wird, die den Folgen des Klimawandels angepasst wird. Dieser Prozess ist in Gang und die „Strategie Ostseeküste 2100“ soll Ende 2024 vorgestellt werden. 
Nicht allein der Küstenschutz ist im Zusammenhang mit dem Meeresspiegelanstieg relevant. Rund 25% der Landesfläche liegen unter Normalnull, die über Schöpfwerke und Siele entwässert werden. Doch die bisherige Infrastruktur wird es mit den – auch weiter zu erwartenden – Starkregenvorfällen und dem Meeresspiegelanstieg nicht leisten können, die Flächen entsprechend zu entwässern. Das heißt, auch hier müssen wir vieles neu denken. Dort muss Hochwasserschutz großflächig betrachtet werden. Die Schaffung von Retentionsräumen, um vom Hochwasser gefährdete Gebiete zu schützen, ist dafür durchaus ein probates Mittel. Aber wir dürfen die Entwässerung nicht außer Acht lassen. Investitionen in Schöpfwerke und Siele müssen geleistet werden. Gleichwohl ist ein solches Vorgehen ein Novum unseres Wassermanagements. Daher erfordert es viel Überzeugungsarbeit und Gespräche mit den Menschen in den betroffenen Gebieten. Aber Flurbereinigungen oder Bauleitplanungen, die keine extremen Niederschläge, wie wir sie heute erleben, kennen, gehören der Vergangenheit an. Wir stehen vor enormen Veränderungen und wir müssen aus den Fehlern der Vergangenheit lernen und entsprechende Lösungsansätze erarbeiten. Dies wird aber erhebliche Auswirkungen auf die landwirtschafte Nutzbarkeit haben. Daher sehen wir die Notwendigkeit, neben der Landwirtschaft gerade auch die Wasser- und Bodenverbände mit ihrer Expertise ins Boot zu holen. Dies ist kein Brettspiel; wir reden über Menschen, die dort leben und Existenzen, die aufgebaut wurden. Diese Menschen dürfen wir nicht im Stich lassen. Aber auch in den urbanen Bereichen muss der Hochwasserschutz weitergedacht werden. Wir müssen Siedlungsbereiche sowie Gewerbe- und Industrieflächen entsprechend schützen. Die Hochwasserrisikoflächen sind zu verifizieren und vorhandene Schutzanlagen sind auf ihren Unterhaltungszustand zu prüfen und gegebenenfalls auszubauen. Die kommunale Bauleitplanung muss entsprechend der Hochwasseranforderungen angepasst werden. Die Hochwasserrisikomanagement-Pläne werden aktuell überprüft und den neuen Erkenntnissen angepasst. 
Die Auswirkungen des Klimawandels sind in allen Bereichen spürbar. Ob es Land- oder Forstwirtschaft, Biologische Vielfalt, Gesundheit oder Raumordnung ist, für alle Bereiche gibt es entsprechende Prozess- und Handlungsfelder. Ich glaube, dass die eingangs geschilderten Maßnahmen, im Bereich des Küsten- und Binnenhochwasserschutzes mehr als deutlich machen, dass wir vor enormen Aufgaben stehen. Ebenso ist es in den anderen Handlungsfeldern. Auch hier wird und muss es Veränderungen geben. Dies kann vom Land allein nicht geleistet werden. Daher sind alle politischen Ebenen sowie die relevanten Organisationen und Institutionen des Landes zu beteiligen. Wichtig für uns als SSW ist, dass wir dabei die Menschen mitnehmen. Fahrpläne und Anpassungsstrategien sind nur so gut, wie sie von der Bevölkerung mitgetragen werden. 
Schleswig-Holstein hat bereits eine Reihe von Gesetzen, Maßnahmen und Strategien entwickelt zum Schutz des Klimas und zur Anpassung an den Klimawandel. Daran müssen wir weiterarbeiten und die Handlungsfelder immer wieder evaluieren und gegebenenfalls nachsteuern.

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