Rede · Christian Dirschauer · 30.06.2022 Wir wollen mehr Gerechtigkeit für die Jugend in unserer Gesellschaft

„Vom Jugendcheck profitieren die jungen Menschen, aber auch der Gesetzgeber selbst“

Christian Dirschauer zu TOP 12 - Einführung eines Jugendchecks für Gesetze und Verordnungen in Schleswig-Holstein (Drs. 20/20 (neu))

Ich will hier gar nicht groß auf das schwierige Verhalten der Jamaika-Koalition zum Thema Jugendcheck in der letzten Wahlperiode eingehen. Aber Tatsache ist, dass man diese Idee zwar gut fand, sich innerhalb der Koalition aber irgendwie nicht einigen konnte. Statt Haltung zu zeigen und unseren Antrag abzulehnen, hat man ihn dann aber in die Diskontinuität geschoben. Das hat uns ziemlich überrascht und mich persönlich auch verärgert. Und zwar vor allem, weil wir auf dem Weg zu einer jugendgerechten Politik unnötig viel Zeit verloren haben. Vor diesem Hintergrund, und weil mir bis dato kein plausibles Argument gegen einen Jugendcheck bekannt ist, habe ich unseren Antrag wortgleich wieder eingebracht. Ich hoffe, dass wir uns nun zumindest im zweiten Anlauf auf diese wichtige Maßnahme einigen können. 

Spätestens mit den Erfahrungen aus der Pandemie ist hoffentlich allen bewusst geworden, dass wir die Belange junger Menschen noch ernster nehmen müssen. Fakt ist, dass die Bedürfnisse der Kinder und Jugendlichen in der aktuellen Krise längst nicht immer und überall auf der Agenda standen. Auch wir hier im Landtag haben junge Menschen leider nicht selbstverständlich als Expertinnen und Experten in eigener Sache gehört. Wenn Sie mich fragen, dann haben wir nicht nur viel zu spät, sondern bis heute auch viel zu selten ihre Perspektive eingenommen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass Kinder und Jugendliche nicht die Lobby und die starke Stimme haben, die sie brauchen. Ein Jugendcheck kann hier natürlich nur ein Teil der Lösung sein. Aber er dient der Information und der Sensibilisierung der politischen Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger und ist damit eine wertvolle Ergänzung zur Kinder- und Jugendbeteiligung.


Wenn wir uns die Gesetzgebung des Landes anschauen, wird der Bedarf schnell deutlich. Zwar werden viele Verordnungen und Gesetzesvorhaben, die gerade Kinder und Jugendliche betreffen, auf Länderebene erarbeitet. Der Schul- oder Kitabereich aber auch das Jugendförderungs- oder das Kinderschutzgesetz sind nur einige Beispiele. Gleichzeitig existieren aber keine verbindlichen Vorgaben oder gar Pflichten, die Belange dieser Gruppe in irgendeiner Form zu berücksichtigen. Das ist aus Sicht des SSW zu wenig. Und deshalb fordern wir grundsätzlich, dass Kinder und Jugendliche überall dort mitreden und mitgestalten können, wo es unmittelbar um ihre Belange geht. Und wir fordern mit Blick auf alle Gesetze und Verordnungen des Landes, dass die Folgen für Kinder und Jugendliche abgeschätzt werden. Natürlich auch unter direkter Beteiligung der jungen Menschen. Ein solches Verfahren hilft dem Gesetzgeber und den Kindern und Jugendlichen selbst.

Das mag erstmal nach viel Aufwand klingen. Ist es aber gar nicht. Alle, die Angst vorm großen Bürokratiemonster haben oder fürchten, dass wir uns handlungsunfähig machen, können beruhigt sein: Wir fordern lediglich eine verbindliche Folgenabschätzung all dieser Vorhaben durch eine unabhängige dritte Stelle. Und ich wiederhole gerne, dass das keine Utopie ist, sondern längst im Rahmen der Jugendstrategie auf Bundesebene läuft. Hier gibt es ein Kompetenzzentrum Jugendcheck, das Abschätzungen darüber durchführt, welche Auswirkungen geplante Gesetzesvorhaben auf junge Menschen zwischen 12 und 27 Jahren haben. Die Erkenntnisse hieraus werden der Politik als Entscheidungsgrundlage an die Hand gegeben. Das funktioniert dort nachweislich sehr gut. 

Im Übrigen ist ein Jugendcheck auch aus Sicht des Landesjugendrings ein wertvoller Beitrag für eine jugendgerechtere Politik. Deshalb wollen wir dieses erfolgreich erprobte Instrument auch auf Landesebene verankern. Und schon bei der Einführung wollen wir die Jugendverbände und die Jugendlichen selbst beteiligen. Ein Jugendcheck ist keine Spielerei, sondern dringend notwendig. Denn Kinder und Jugendliche haben kaum direkte Einflussmöglichkeiten auf politische Entscheidungen und Gesetzgebungsprozesse. Außerdem sind junge Menschen sowohl in den Gremien auf kommunaler wie auf Landesebene unterrepräsentiert. Eine Folgeabschätzung durch eine externe Stelle ist kein klassisches Beteiligungsinstrument. Aber sie trägt maßgeblich dazu bei, die Auswirkungen von Gesetzen und Verordnungen auf das Leben und Aufwachsen von Jugendlichen transparent zu machen. Wir sind davon überzeugt, dass ein Jugendcheck auch der Landesregierung eine noch bessere Entscheidungsgrundlage für ihre Arbeit liefern kann. Und deshalb sollten wir diese Chance für eine jugendgerechtere Gesellschaft unbedingt nutzen. 

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